Vortrag von Herrn Johannes Pflug

SOCIETÄT DUISBURG e.V., 24. April 2025 im Wyndham Duisburger Hof.

Ein Tag im April, jeder geht in Deutschland von ständig wechselndem Wetter im Minuten-Takt aus, nun haben wir schon den zweiten Tag Dauerregen. Eine enorme Herausforderung in jeglicher Hinsicht!

So sieht es aber auch in unserer Politik aus, die alte Regierung ist abgewählt, die neue steht noch nicht und Grundsätze – jedenfalls einige – werden über Nacht abgeräumt. Auf einmal sollen nicht ein paar Schulden mehr gemacht werden, weit, weit mehr als die Schuldenbremse gestatten würde. Wie geht das?

Einer, der diesen Widerspruch auflösen, noch dazu Hintergründe beleuchten und unsichtbare Zusammenhänge bildlich darstellen kann, ist Herr Johannes Pflug, das ehemalige, langjährige Mitglied im Deutschen Bundestag, Vorsitzender zahlreicher Parlamentariergruppen, vornehmlich mit Inhalt der internationalen Zusammenarbeit.

Die Mitglieder und Gäste werden vom Vorsitzenden, Herrn Dr. Ralf Tempel, begrüßt und eingestimmt auf den Abend. Wie immer fangen wir mit dem Essen an. Die Küche des Duisburger Hofes hat sich wieder selbst übertroffen. Dabei wird rege miteinander kommuniziert, schließlich hat man sich mitunter länger nicht gesehen.

Nun zum zweiten Teil des Abends. Herr Pflug wird vom Vorsitzenden ordentlich vorgestellt.

Natürlich beginnt der Vortrag mit einer Bestandsaufnahme. Der Stellenwert der Europäischen Union ist in der Welt beträchtlich gesunken, vor allem durch die eigene Uneinigkeit. Autokratie Bestrebungen in Ungarn, Polen und Slowakei lähmen die Handlungsfähigkeit. Die EU stellt kein Gegengewicht mehr gegenüber China, Russland und den USA dar.

Und in Deutschland? Die Ampel-Koalition ist gelähmt; ein scheinbar endlos andauernder Streit zur Lockerung der Schuldenbremse zermürbt die Partner. Der Plan, zusätzliche Mittel für die Umsetzung der Transformation / Klimaschutz, zu nutzen scheitert, die Regierung darf ursprüngliche Haushaltsmittel für den Kampf gegen Corona nicht für den Klimaschutz verwenden. Das hat das Bundesverfassungsgericht am 15. November 2023 entschieden. Das ist der Anfang vom Ende, es werden keine notwendigen Beschlüsse mehr gefasst.

Aber mit welchem Investitionsbedarf sieht sich eine mögliche, neue Regierung, gebildet aus CDU und SPD, konfrontiert?

Bildungssystem

Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) besteht ein zusätzlicher Investitionsbedarf von etwa 42 Mrd. Euro über die nächsten zehn Jahre. Davon sollen rund 7 Mrd. für den Ausbau von Ganztagsschulen und 35 Mrd. für die Sanierung von Hochschulen ausgegeben werden

Öffentliche Infrastruktur

Modernisierung und den Ausbau der Verkehrswege und des öffentlichen Nahverkehrs auf insgesamt werden mit 127 Mrd. über zehn Jahre beziffert, davon entfallen knapp 60 Mrd. auf das Schienennetz, 28 Mrd. auf den ÖPNV und 39 Mrd. auf die Fernstraßen

Künstliche Intelligenz (KI) und Digitalisierung

Die EU plant mit insgesamt 200 Mrd., Deutschland mit 100 Mrd.

Belebung der Wirtschaft

Vorgeschlagen sind etwa 600 Mrd. über zehn Jahre, umfasst Investitionen in Klimaschutz, kommunale Infrastruktur, Verkehrswege, Bildungsinfrastruktur und Wohnungsbau

Es ist leicht zu erkennen, dass diese Mittel nicht einfach so aus dem Hut zu zaubern sind, allerdings auch, dass sich einige Überschneidungen sowie zwischen den Bereichen als auch mit EU-Vorhaben ergeben. Das wird noch detaillierter Arbeit bedürfen.

Viel wichtiger, wie sind diese zusätzlichen Mittel beschaffbar? Der Ausweg lautet: Über eine Grundgesetzänderung soll eine Neuverschuldung von insgesamt rund 1 Billion Euro für das Sonderinvestitionsprogramm eingegangen werden. Hierzu haben sich die CDU, SPD, Die Grünen und die Länder im Vorherein abgestimmt.

Darüber hatte noch der alte Bundestag abzustimmen (beim neuen wäre diese Herausforderung ungleich schwerer – wenn nicht unmöglich – ausgefallen). Dieses passierte am 18. April 2025.

Die Gelder sind nun für folgende Programme vorgesehen:

  • Infrastruktur 200 Mrd.
  • Klimaschutz und Transformation 100 Mrd.
  • Bildung und Digitalisierung 100 Mrd.
  • Länder‑ und Kommunalfonds 100 Mrd.

In der Summe ergeben sich damit 500 Mrd. für Infrastruktur und Klimaschutz
(davon 100 Mrd. für Länder/Kommunen & 100 Mrd. für Klimafonds) mit den zusätzlichen Bedingungen:

  • Unbegrenzte Kreditaufnahme für Verteidigung & Sicherheit oberhalb von 1% BIP;
    hierfür sind weitere ca. 500 Mrd. vorgesehen
  • 0,35% BIP zusätzlicher Kreditrahmen für die Länder
  • 3 Mrd. zusätzliche Ukraine‑Hilfe

Natürlich gibt es auch Kritik an der vorgesehen Verwendung der Gelder, so wird darauf hingewiesen, dass die geplanten konsumtiven Ausgaben und Steuererleichterungen einen mittleren bis höheren zweistelligen Milliardenbetrag ausmachen könnten, wie z.B. die zusätzliche Mütterrente und die Reduzierung des Steuersatzes in der Gastronomie. Die geplanten Schulden seien nicht zukunftsorientiert, sie würden nur Sozialausgaben finanzieren.

Es gibt aber auch die andere Seite, so stellen sich ehemalige Befürworter nun als Kritiker der Schuldenbremse dar, wie z.B. die Deutsche Bundesbank, der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (mit zwei Ausnahmen), der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium, weitere beratende wirtschaftswissenschaftliche Institute und der Internationaler Währungsfonds.

Im Detail werden jetzt noch detailliertere Maßnahmen zu den o.g. Programmen besprochen.

Im Anschluss steht Herr Pflug den Fragen aus dem Auditorium zur Verfügung.

Wir bedanken uns bei Herrn Pflug. Welch ein unvergesslicher Abend!

(Text: Dr. Ralf Tempel und Fotos: Dr. Stefan Koßlowski)