Für die christliche Welt ist der Tag der „Heiligen Drei Könige“ ein ganz besonderer. Es werden Geschenke überreicht und es wird Einkehr gehalten. Die Politik trifft sich traditionsgemäß, um eine Vision oder aber auch eine Bilanz zu präsentieren. Mit letzterem kennt sich unser heutiger Redner – ein Banker – prächtig aus und mit Visionen sowieso.
Doch bevor es soweit ist, begrüßt der Vorsitzende die Mitglieder und Gäste am heutigen Abend zu der ersten Veranstaltung im Neuen Jahr. Das letzte brachte allgemein Krieg und Inflation nach Europa, im Einzelnen wird jeder sicherlich ein differenzierteres Fazit ziehen. Um so wichtiger ist es, eine positive Aussicht fürs kommende Jahr zu formulieren. Dabei wird uns Herr Diederich bestimmt unterstützen und der Vorsitzende ahnt da bereits, dass der Titel des heutigen Vortrages vielleicht etwas weiter gefasst und der Schwerpunkt vielleicht eher auf der Bank und die dort gelebten Grundwerte und Orientierungen und die Einordnung in die ökonomische, fiskalische und politische Umgebung gelegt werden wird.
Unser Gastronom, Herr Klaus Hobohm, hat sich wieder großartig ins Zeug gelegt, es gib viele köstliche Vorspeisen. Wir können ausgiebig genießen. Auch die auf der Haut gebratenen Zander- und Lachsforellenfilets – selbst mit der Frankfurter grünen Soße – sind ein Gedicht. Der kulinarische Teil des Abends hat schon mal gepasst!
Kommen wir nun zum geistigen Teil. Der Vorsitzende stellt den Vortragenden vor. Allein die hier aufgeführten Daten sind beeindruckend und lassen ein sehr ordentliches Arbeitspensum vermuten.
Herr Diederichs beginnt mit den Werten im Bankgeschäft – und einmal auf die Bankenlandschaft zurückkommend – was sind Genossenschaften und was machen diese anders als andere Banken. Dabei skizziert wird die ökonomische Landschaft umfangreich.
- Wir haben den Ukraine Krieg, damit wird eine neue Epoche eingeläutet mit dem Ende der alten mit kaltem Krieg und die Zeit der Wiedervereinigung, die Chinesen entwickeln sich sehr dynamisch immer weiter und sind omnipräsent in aller Welt, die EU entwickelt sich weiter und strategische Abhängigkeiten werden sich verringern.
- Wir haben eine Inflation infolge der Pandemie und eine dadurch hervorgerufene Verknappung von Ressourcen, wobei der Ukraine Krieg diese Situation weiter verschärft.
- Die Entwicklung der Inflation in der EU läuft der in den USA hinterher, diese hat den Kipppunkt bereits überschritten, wir stehen unmittelbar davor. Die Aussichten sind als gut zu beschreiben: Wir haben eine stabile Beschäftigung und die befürchtete Lohn-/Preisspirale konnte bisher durch maßvolle Tarifvereinbarungen vermieden werden.
- In China sieht es leider weniger vorausschaubar aus, gerade durch den Paradigmenwechsel von der 0-Covid- zu der All-Covid- Strategie. Hier wird sich erst noch zeigen müssen, wie Ausfälle bei menschlichen Ressourcen die Lieferverpflichtungen unerfüllbar werden lassen.
- Von der Globalisierung werden wir den Übergang zu einem Großmachtwettbewerb erleben. Russland wird ökonomisch gar keine Rolle mehr spielen, es wird nur noch zwei Blöcke geben: Den Westen und China mit ihren jeweiligen Einfluss Sphären.
Ein wirklich ungelöstes Problem erleben wir beim Thema Nachhaltigkeit – wir verbrauchen als Menschen mehr Ressourcen als vorhanden sind. Betrachtet man das in Jahresscheiben, so haben wir 1995 im Dezember alles aufgebraucht, im Jahre 2000 war das schon im Oktober der Fall und letztes Jahr war es der 28. Juli 2022.
Nachhaltigkeit ist die DNA der Genossenschaften. Was einer nicht schafft, schaffen viele. Das gilt speziell seit 1846 mit den Grundsätzen der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung von Franz Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen. Basis ist das Prinzip des ehrbaren Kaufmanns, Ethik und Wirtschaft bilden eine dialektische Einheit und münden in der sozialen Marktwirtschaft. Die Genossenschaft bleibt konservativ und kundenzentriert einerseits. Andererseits werden visionäre Themen aktiv angegangen, bildlich gesprochen möchte man natürlich immer auf der Welle reiten – statt hintendran.
Welch ein interessanter Vortrag! Und die Fragen prasseln zahlreich auf Herrn Diederichs ein. Er nimmt sich auch hier Zeit für jede einzelne Antwort.
Anschließend sitzt der „harte Kern“ noch bis kurz vor Mitternacht zusammen, wieder eine sehr gelungene Veranstaltung.
(Text: Dr. Ralf Tempel und Fotos: Dr. Michael Greeske)