In den Räumen der SOCIETÄT DUISBURG e.V., 30. April 2019
Die Walpurgisnacht ruft und wir kommen! Was sich auf den ersten Blick als seltsame Begebenheit – gerade in Duisburg – anhört, hat aber eine dann doch tiefere Bedeutung. Jedenfalls sind wir bestens vorbereitet: Der Saal ist dem Maiauftakt entsprechend hergerichtet, wir haben einen mit Bändern geschmückten Maibaum. Darüber hinaus frischen Flieder auf den Tischen und eine Puppen-Hexe mit dazugehörigen rot-blinkenden Augen und Geschrei zieht ihre Bahnen auf dem Besen ums Klavier.
Der Empfang verzichtet auf den sonst üblichen Sekt, es wird Mai-Bowle gereicht. Der Tag ist schön, wir gehen auf unsere Terrasse und beobachten die Elefanten. Dann werden wir nach innen gerufen, der Vorsitzende eröffnet den Abend. Zur heutigen Walpurgisnacht müssen wir nicht extra zum Blocksberg (Brocken) mit seinem Hexentanzplatz reisen. Wir haben hier selber eine entsprechende Vergangenheit aufzuweisen. Diese wird uns Herr Harald Küst, der Lokalpatriot ist und Stadtgeschichten über Duisburg und Umgebung schreibt, näherbringen. Damit nicht genug, haben wir auch noch einen Tanz in den Mai. Herr Benedikt ter Braak, ein international bekannter Pianist und Komponist, wird die alten Mai-Lieder auf unserem Klavier spielen. Natürlich sind wir eingeladen, mitzusingen.
Aber alles der Reihe nach. Der Empfang ist vorbei, die Gespräche im Saal und draußen auf der Terrasse sind bereits voll im Gange, da kommt uns die Eröffnung des Buffets außerordentlich gelegen. Es gibt ein Süppchen aus dem Hexenkessel, Feldsalat mit Pilzen aus dem Dämonenwald, blutiges vom Ochsenrücken an Meerrettich, Carpaccio von der Wildente an Waldpreisselbeersahne, einen leckeren Spargelcocktail und Variationen vom Räucherfisch. Zum Hauptgang erwarten uns geschmorte Ochsenbäckchen in Rotweinjus und das Filet von der Bachforelle „Müllerin“. Den Abschluss bilden Käsevariationen und die Hexengrütze von Waldfrüchten. Ein sagenhafter Gaumenschmaus! Wir lassen Herrn Hobohm und sein Team hochleben.
Nun zu Duisburger Sagen – Hexen, Dämonen und Werwölfe. Harald Küst nimmt uns mit in die Hexenwelt. Diese gibt es seit jeher. Im 8. Jahrhundert, mit Aufkommen der Christianisierung, sollten die alten, keltischen Fruchtbarkeitsriten zu christlichem Brauchtum umgedeutet werden. Zu dieser Zeit lebte die Heilige Walburga, die mit sanfter Aura durch Gebete die Wellen bei der Überfahrt vom Diesseits zum Jenseits glättet. Oder auch die Hagazussa, der Name ist Althochdeutsch und steht für Hexe und bedeutet die Zaunreiterin als Kommunikationsknoten zwischen den Lebenden und den Toten. Hexen werden auf Besen fliegend dargestellt, der Teufel verleiht ihr die Zauberkräfte, sie stehen für schwarze Magie – für den Schadenszauber – und sind verantwortlich für Lähmungen, Leiden, Wetter und Tierverwandlungen und sie kennen sich gut aus mit Pflanzen und Kräutern.
Die Tierwandlungen zeigen sich auch in Duisburg, z.B. am Werthacker. Die Kröte am Unkelstein bewacht hier einen Schatz, der hierunter vergraben wurde. Dabei stellen diese Orte Tore ins Jenseits, auch Gerichtsstätten haben gern hier ihren Sitz.
Hexen gab es auch in Duisburg, allerdings war Hexenverfolgung hier nicht sehr verbreitet, einzig ein Fall kennt man etwas besser, den der Agnes Muisfeldt. Sie wurde peinlich befragt – kein Geständnis. Sie wurde gefesselt in die Ruhr geworfen zum Gottesurteil – schwamm sie oben, war sie mit dem Teufel im Bunde und damit zu verurteilen, ging sie unter, war sie unschuldig. Aber wahrscheinlich hat sie sogar dies überlebt, in der damaligen Stadtrechnung konnten keine Kosten für eine nachfolgende Hinrichtung gefunden werden.
Die Duisburger Sagenwelt weiß von wenigstens drei Figuren zu berichten:
- Werwolf in Meiderich – ein uralter Glaube, nachts wandelt sich ein Mann in einen Aufhocker, dieser ließ sich solange tragen, bis der Leidtragende zusammenbrach
- Mirakel von Buschmannshof – ein wolfsähnlicher Hund wird von Arnd beschworen, er verwandelt sich und sagte: „Ich bin dein Urgroßvater und habe gesündigt – tu‘ Gutes, dann kann ich erlöst werden“, eine typische Geschichte zur Ablasswerbung
- Die Alraune als die Wurzel des Grauens, die von einem Ackersmann am Krusen Bäumchen entdeckt und mitgenommen wurde, er erweckte damit eine blutrünstige Kreatur – halb Pflanze, halb Monster und wurde vom Blitz getroffen
Zum Auflockern spielt nun Herr Benedikt ter Braak Lieder zum Mai. Wir sind eingeladen mitzusingen, was wir uns auch an der einen oder anderen Stelle nicht entgehen lassen. Textsicher sind wir eh‘, wenn nicht, helfen die ausgedruckten Liedtexte weiter. Mittendrin kommt uns noch etwas dazwischen: Gewöhnlich verreist unsere Gesellschaft über den 1. Mai. Das haben wir dieses Mal nicht geschafft, unsere Reise findet etwas später statt, aber einen Brauch werden wir heute wieder durchführen: Die Kür der Maikönigin, die Wahl ist auf Frau Sigrid Jäger gefallen. Die Insignien werden überreicht, ein Tänzchen mit dem Vorsitzenden gehört natürlich auch dazu.
Benedikt ter Braak spielt weitere, altbekannte Lieder, so kommen wir schließlich bis zum Abschlusslied: Der Mai ist gekommen. So sind wir gut durch die Walpurgisnacht gereist. Ein unvergesslicher Abend.
(Text: Dr. Ralf Tempel, Fotos: Markus Laghanke, Dr. Michael Greeske & Dr. Ralf Tempel)