Vortrag von Herrn Wolfgang Schwarzer, Mitglied des Societät

In den Räumen der SOCIETÄT DUISBURG e.V., 11. August 2021

Nachdem wir beim letzten Zusammensein der spanischen Kunst gehuldigt haben, wenden wir uns heute der französischen Lebensart zu und natürlich steht die Liebe im Mittelpunkt. Ein „Hoch“ auf unseren Veranstaltungswart, Frau Katharina Tempel, die diese Veranstaltungen immer so perfekt konzipiert und vorbereitet.

Wie immer ist der Abend zweigeteilt mit Essen und Vortrag. Und unser Gastronom, Herr Klaus Hobohm, hat nicht nur französische Speisen für heute vorbereitet, nein, er hat auch die Menükarte in Französisch abgefasst. Hier ein Auszug:

Picandou enrobé de saumon / bacon sauce moutarde de Dijon, Salade de lentilles aux crevettes, Pâte feuilletée au ragoût fin, Figue avec Crème de Roquefort, Bateau chicore au fromage de chèvre, Quiche aux oignons, Variantes de poisson fume *** Boeuf Bourguignon, Ratatouille *** Sélection de fromages français avec raisins et noix, Mousse au Chocolat.

Damit hat sich wieder einmal selbst übertroffen, wir probieren hier und kosten da, wir können gar nicht sagen was besser als das andere sein kann, vergessen die Zeit und schwelgen im höchsten Genuss.

Es wird langsam dunkel und damit Zeit für den zweiten Teil, den Vortrag. Wir sind besonders glücklich einen solchen Kenner der französischen Kultur und Lebensart unter unseren Mitgliedern zu haben, der uns heute von Liebe und Leid in kleinen und großen Gefühlen, im Verhältnis zwischen Mensch und Tier, in den großen Auseinandersetzungen in Geschichte, Gesellschaft und Politik und durch die Zeiten und vor allem in Paris nahebringt. Wolfgang Schwarzer möchte mit uns flanieren, langgehen, wo es schön ist und dabei den Blick schweifen lassen.

Er beginnt mit enttäuschter Liebe des Kurt Tucholsky, in Paris bestattet, zu seinem Vaterland, beschrieben im Gedicht „Park Monceau“: Hier ist es hübsch. Hier kann ich ruhig träumen. Hier bin ich Mensch – und nicht nur Zivilist. … und ruh von meinem Vaterlande aus.

Weiter geht’s über „Der Garten“ von Jacques Prévert mit „Abertausend Jahre Zeit Fassen nicht Die kleine Sekunde Ewigkeit“ … für einen Kuss.

Und dann ist da noch vielleicht das bekannteste Liebespaar in Frankreich mit Pierre Abélard und Héloises. Er der blendend aussehende und streitbare Professor und sie die blutjunge und schöne Theologiestudentin. Sie waren füreinander geschaffen wie der erste Mann und die erste Frau. Selbst nachdem ihr Onkel den Verführer grausam entmannen ließ, kamen sie nicht voneinander los. Ihre Grabfiguren gehören zu der schönsten Grablegung auf dem Cimetière du Père-Lachaise, dem größten Friedhof von Paris.

Im 13. Jh. lebte der Pariser Dichter Rutebeuf, er haderte mit Gott, war zugleich aber ein scharfzüngiger Kritiker von Lug und Trug. Rutebeuf nahm auch gegenüber den Größten kein Blatt vor den Mund und dichtete in seinem Poem „Der verkehrte Fuchs“ über König Ludwig den Heiligen. Im letzten Jahrhundert erfuhr er dank des Chansons „Armer Rutebeuf“ von Léo Ferré wieder eine gewisse Popularität. Wir erleben dieses Lied, sehr einfühlsam gesungen, vom „unbekanntesten“ Weltstar Serge Kerval.

Im 14. Jh. ist Krieg und niemand erzählt die Wirklichkeit so wie François Mirondie, das Leben ist schwer, er fällt immer wieder in die Gosse zurück, erleidet Kerker und entwickelt eine Liebe zu den Jungen einer Maus – Anrührend!

Im 15. Jh. gibt es die lasterhaften Balladen des Francois Villon, „Ich kenne alles, bis auf Punkt und Strich, ich kenn nur einen nicht, und der bin ich.“

Und so geht es weiter durch die Jahrhunderte, die Grisetten fehlen ebenso wenig wie Heinrich Heine, auch nicht Montmartre und Victor Hugos Esmeralda und ihre Verbindungen zu Quasimodo, Gringoire, Phoebus und Frollo.

Bis hin zur zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, die Liebe von Juliette Greco zu Miles Davis, dem schwarzen Jazz-Musiker, eine Normalität im Nachkriegs-Europa – besonders in Paris – aber eine Ungeheuerlichkeit im ach so modernen Amerika.

Und so geht es weiter durch die Zeiten. Aber am Ende steht der nächtliche Blick über die Seine und Montmartre hin zum Eifelturm und der unvergesslichen Edith Piaf mit dem Lied „Non, je ne regrette rien“.

Und nun haben wir wirklich die Zeit vergessen, aber welch ein unglaublicher Abend!

(Text: Dr. Ralf Tempel, Fotos: Dr. Michael Greeske & Dr. Ralf Tempel)