Societät Duisburg e.V., 12. – 16. Mai 2025

Nach einer langen Durststrecke hat unser Veranstaltungswart, Frau Katharina Tempel, wieder eine Reise geplant. Es soll zur diesjährigen Kulturhauptstadt Chemnitz gehen. Welch eine Vorfreude. Doch bei der detaillierten Planung stellte sich schnell heraus, dass das Erzgebirge mit seiner einzigartigen Vergangenheit und der tollen Landschaft auch sehr verlockend ist. Deshalb haben wir unsere Zelte in Oberwiesenthal aufgeschlagen. Um es gleich vorweg zu nehmen, es war ein wirklich lohnenswertes Umschwenken.

Das Erzgebirge hieß nicht immer so. Seine Entstehungsgeschichte als Gebirge liegt bis in den Karbon (vor 350 bis 250 Millionen Jahren) zurück: Zu dieser Zeit wurden die Gesteine des späteren Erzgebirges verfaltet und dutzende Kilometer der Erdkruste schoben sich auf nur wenige Kilometer zusammen. In dieser Zeit liegen zudem die Ursprünge der Erzlagerstätten. In den folgenden Jahrmillionen wurde das Gebirge zunehmend durch Erosion, also physikalische und chemische Verwitterungsprozesse, eingeebnet. Die erste bäuerliche Besiedlung des damals noch als Böhmisches Gebirge, Böhmischer Wald oder Miriquidi (Dunkelwald) bezeichneten Erzgebirges erfolgte ab Mitte des 12. Jahrhunderts. Erst mit dem Aufkommen des Bergbaus fand der Begriff Erzgebirge Verwendung.

Zu der Zeit wurden die ersten Silbererze in der Umgebung von Christiansdorf, dem heutigen Freiberg, gefunden; es zog zahlreiche Bergleute, Händler, Köhler und Abenteurer, zumeist aus dem Main-Frankenraum, an. Diese Zeit wird auch als „erstes Berggeschrey“ bezeichnet. Im Jahre 1491 wurde ein ergiebiger Silbererzgang am Schreckenberg entdeckt. Das „große Berggeschrey“ im oberen Erzgebirgsraum war der Beginn einer regen bergbaulichen Tätigkeit. In seiner Folge gründeten sich 1471 Schneeberg, 1496 die „Neustadt am Schreckenberg“ (das spätere Annaberg) und 1527 Oberwiesenthal.

Montag, Fahrt nach Schneeberg und Oberwiesenthal

Aber nun erfolgt die Abfahrt aus Duisburg. Am Steuer ist wieder „unser“ Rudi. Alles läuft wie am Schnürchen. Selbst eine kurze Rast – einschließlich eines 4-Gänge-Menüs – ist im Zeitplan enthalten. Bis kurz nach Weimar. Dort baut sich ein riesiger Stau auf; so fahren wir nun über die Dörfer bis nach Magdala, wo wir interessanterweise auf eine zeitweilige Unterkunft vom Flüchtling Richard Wagner stoßen. Schon sind wir wieder auf der geplanten Route (mit ca. zwei Stunden Verspätung). Jetzt noch durch Zwickau durch und dann sind wir auch schon in Schneeberg, unserer ersten geplanten Station.

Noch gerade rechtzeitig treffen wir dort auf Pfarrer Frank Meinel, der sich trotz eines eigentlich anderweitigen Termins Zeit für uns nimmt – ein großes Glück und eine schöne Geste gegenüber uns von weither Angereisten.

Pfarrer Meinel stellt auf eindrucksvolle Weise den Zusammenhang zwischen dem Erzbergbau und der Kirche her. Die St. Wolfgangskirche, die in spätgotischem Stil über der Stadt thront, wird dabei als zentraler Mittelpunkt der gesamten Bergbaulandschaft beschrieben. Ihr Bau wurde durch das in der Region gefundene Silber ermöglicht. Es war dieser Silberreichtum, der die Einwohner Schneebergs in die Lage versetzte, bedeutende Baumeister und Künstler für die Errichtung und Ausstattung der Kirche zu gewinnen.

Besonders beeindruckend ist der zwölfteilige Flügelaltar aus der Werkstatt von Lucas Cranach. Die beweglichen Flügel ermöglichen unterschiedliche Ansichten – eine für den Alltag und eine für die Festtage. Diese raffinierte Gestaltung verdeutlicht nicht nur den künstlerischen Anspruch jener Zeit, sondern auch die Bedeutung, die der Glaube und die Kirche für das Leben in der Bergbauregion hatten.

Die St. Wolfgangskirche hat im Laufe ihrer Geschichte schwere Zeiten überstanden. Im Mittelalter wurde sie durch einen Brand stark beschädigt. Später, im Zweiten Weltkrieg, traf sie ein noch verheerenderer Schlag: Am 19. April 1945 wurde die Kirche bei einem Luftangriff schwer zerstört – ein Großteil des Gebäudes brannte aus, das Dach stürzte ein, viele Kunstwerke gingen verloren.

Doch die Gemeinde ließ sich davon nicht entmutigen. Mit viel Engagement und Ausdauer wurde die Kirche in den folgenden Jahrzehnten wieder aufgebaut. Heute erstrahlt sie wieder in alter Pracht – ein beeindruckendes Zeichen für den Willen zur Bewahrung von Kultur und Glauben. Die aufwendige Restaurierung ermöglichte es, viele kunsthistorisch bedeutende Elemente zu erhalten oder originalgetreu zu rekonstruieren.

Erstaunt und erbaut fahren wir weiter entlang der Silberstraße bis nach Oberwiesenthal zu unserer Unterkunft für die nächsten Tage. Einen herrlichen Ausblick gibt es noch dazu. Jetzt zum Abend essen und den Tag ausklingen lassen.

Dienstag, Fahrt nach Seiffen und Kaffeeklatsch mit Jens Weißflog

Der Vormittag ist für den Besuch des Spielzeugmuseums in Seiffen geplant. Auf halbem Wege gibt es ein Problem mit der mitlenkenden Hinterachse des Busses. Wir sind in Marienberg gestrandet. Während sich der Bus in eine Werkstatt begibt, erkunden wir die Stadt, die durch ihre klare Renaissance-Stadtanlage und ihr gepflegtes Stadtbild besticht. Beim Erkunden stoßen wir – wenig überraschend und doch beeindruckend – auf eine weitere prächtige Kirche: St. Marien.

Die St. Marienkirche ist die jüngste der drei großen spätgotischen Hallenkirchen im Erzgebirge, neben St. Wolfgang in Schneeberg und St. Annen in Annaberg-Buchholz. Errichtet wurde sie nach der Stadtgründung 1521, mit dem Bau begann man 1537. Ihre spätgotische Formensprache steht dabei am Übergang zur Renaissance.

Besonders eindrucksvoll ist der lichte Innenraum mit seinen hohen Netzgewölben und der klaren, geometrisch gegliederten Architektur. Auch hier spürt man den Einfluss des Silberbergbaus: Die wirtschaftliche Blüte der Region ermöglichte den Bau eines derart anspruchsvollen Gotteshauses.

Ein weiteres historisches Detail: Während der Gegenreformation spielte Marienberg eine besondere Rolle als protestantische Planstadt, was sich auch in der nüchternen, klaren Gestaltung der Kirche widerspiegelt. Die ursprüngliche Ausstattung wurde allerdings bei einem Stadtbrand im Jahr 1610 größtenteils zerstört, doch auch hier gelang der Wiederaufbau in bemerkenswerter Weise.

Dieses und noch anderes haben doch nun den Wunsch nach einer geistigen und physischen Pause aufkommen lassen. In „Omas Kartoffelhaus“ können wir, jedenfalls ein großer Teil von uns, wieder richtig auftanken.

Nun ist es höchste Zeit, uns wieder zurück nach Oberwiesenthal zu begeben. Wir haben einen Termin mit Herrn Jens Weißflog zum Kaffeeklatsch. Er begrüßt uns in seinem Hotel, es wird Kaffee und Kuchen (Fichtelberg Torte) serviert. Wir lassen es uns schmecken und Herr Weißflog beginnt zu erzählen, ruhig, sachlich und ununterbrochen berichtet er aus seinem sportlichen Werdegang. Es werden die guten als auch die weniger guten Aspekte beleuchtet, nie aufdringlich aber grundehrlich – so ist unser Eindruck.

Er beschreibt die Sportförderung zu DDR-Zeiten, mit den Kinder- und Jugendsportschulen als Keimzelle für zukünftige Sportlergrößen internationalen Ranges. Sein Einstieg war die Nordische Kombination, also Springen und Langlauf. Das Springen klappte ganz gut, aber das mit dem Langlaufen nahm er zu wörtlich, es dauerte immer lange, bis er durchs Ziel kam. Also Spezialisierung bei den Springern, natürlich musste er sich in der Mannschaft erst mal hintenanstellen – zumal als Kombinierer! Sein Durchbruch kam mit dem Sieg bei der DDR-Kinder- und Jugendspartakiade 1979. Bereits ein Jahr später, im Alter von 16 Jahren, wurde er in die Nationalmannschaft aufgenommen und nahm an seiner ersten Vierschanzentournee teil. Diese gezielte Förderung und seine Entscheidung, sich auf das Skispringen zu konzentrieren, legten den Grundstein für seine erfolgreiche Karriere, die ihn zu einem der erfolgreichsten Skispringer weltweit machte.

Wie im wahren Leben ging auch in dieser Karriere nicht alles stetig bergauf. Mal stürmte sie rasant aufwärts, mal setzte es bittere Niederlagen. Da kämpfte man nicht nur mit sich, nein, auch mit seinem Umfeld, den Trainern, Technikern und anderen Betreuern und dann auch mit dem Verband und dessen Vorstellungen. Aber gerade sein unmittelbares Umfeld gab ihm immer wieder Mut und Vertrauen.

Er gewann insgesamt drei olympische Goldmedaillen (1984, 1994) und eine Silbermedaille (1984), wurde zweifacher Weltmeister und siegte viermal bei der Vierschanzentournee. Zunächst entwickelte er sich zu einem der führenden Athleten im Parallel-Stil. Später meisterte er erfolgreich den Übergang zum V-Stil, was seine Anpassungsfähigkeit und technische Versiertheit unterstreicht. Hinzu kamen auch die Herausforderungen aufgrund des sowohl politischen als auch des sportpolitischen Systemwechsels nach der deutschen Wiedervereinigung.

Eine wahrlich außerordentliche sportliche Karriere. Nach seinem Rücktritt 1996 eröffnete Herr Weißflog ein Hotel in Oberwiesenthal, das er bis heute erfolgreich führt. Dazu kamen noch zehn Jahre als TV- Skisprungexperte. Seine Kommentatorentätigkeit fand beim ZDF bis 2011 statt. Seine Expertise und seine Fähigkeit, komplexe technische Details verständlich zu vermitteln, machten ihn zu einem geschätzten Experten im Skisprungbereich.

Wir konnten uns davon auch überzeugen, indem er jeden aufforderte mal folgendes Gedankenexperiment durchzuführen: Was passiert mit einem in dem Moment, wenn man vom Schanzentisch abspringt? Welche Kräfte wirken da auf einen? Und ist das immer nur ein Vergnügen, durch die Luft zu segeln?

Wir sollen mal versuchen – nur gedanklich – die 2,40m langen Ski fest in der Hand aus einem mit 100km/h fahrenden Auto durch die Fensteröffnung zuhalten und in einem vorher definierten Anstellwinkel zu halten. Wer macht dabei mit?

Dieser Vortrag zeigt den Menschen hinter dem Athleten und bietet einen umfassenden Blick auf sein Leben. Sehr, sehr beeindruckend!

Der kurze Weg zurück lässt uns nochmal über alles nachdenken.

Mittwoch, Fahrt nach Annaberg-Buchholz und mit der Fichtelbergbahn

Wieder geht es durch das Erzgebirge mit herrlicher Landschaft. Unser Weg führte uns weiter ins Herz des Erzgebirges – nach Annaberg-Buchholz, eine Stadt, in der Handwerkskunst und Glaube auf eindrucksvolle Weise miteinander verwoben sind. Zwei Stationen prägten unseren Aufenthalt nachhaltig: Die Ausstellung „Manufaktur der Träume“ sowie die mächtige St. Annenkirche, beide in unmittelbarer Nähe des Marktes.

Die Manufaktur der Träume ist mehr als nur ein Museum – sie ist eine Einladung zum Staunen. In sanft beleuchteten Räumen entfaltet sich eine Welt aus Holz, Fantasie und jahrhundertealter Tradition. Miniaturen, darunter Räuchermänner, Nussknacker, Pyramiden, Schwibbögen, Spielzeuge und filigrane Schnitzarbeiten sind liebevoll geschnitzt und bemalt, erzählten Geschichten vom Weihnachtszauber, vom einfachen Leben der Bergleute und von kindlicher Vorstellungskraft. Die Sammlung von Erika Pohl-Ströher wirkt nicht museal, sondern lebendig – fast so, als würde man selbst wieder zum Kind, das mit leuchtenden Augen durch eine Schneekugelwelt wandert. Besonders berührend ist die Harmonie von Licht, Klang und Gestaltung – hier wird nicht nur ausgestellt, sondern erzählt und alles erlebbar gemacht.

Nur wenige Schritte entfernt erhebt sich die St. Annenkirche, ein Monument aus Sandstein, das den Himmel zu berühren scheint. Ihre spätgotischen Gewölbe, kunstvoll verflochten wie ein steinerner Baldachin, ließen uns ehrfürchtig innehalten. Der prachtvolle Bergaltar, auf dem biblische Szenen mit Szenen des erzgebirgischen Bergbaus verschmelzen, erinnerte daran, wie tief Glaube und Arbeit in dieser Region verwurzelt sind. Die Stille im Kirchenschiff war von einer Würde getragen, die man nicht beschreiben, sondern nur empfinden kann. Das alles wird uns von Herrn Hartmut Götzel sehr greifbar nähergebracht. Aber besonders wird die Führung noch dadurch, dass er uns die Orgel noch zu Gehör bringt, ein wirklich beeindruckendes Instrument. Eingebaut 1884 von der Ludwigsburger Orgelbaufirma E. F. Walcker & Cie., bereits zehn Jahre später von der Dresdner Orgelbaufirma Gebr. Jehmlich auf pneumatische Betätigung umgebaut und 1987 von der Bautzner Orgelbaufirma Eule restauriert.

Unsere Mittagspause verbringen im Parkhotel Waldschlösschen. Hier können wir das Erlebte nochmals reflektieren.

Anschließend bringt uns der Bus nach Cranzahl. Die Fahrt mit der Fichtelbergbahn steht bevor. Gezogen wird der nostalgische Zug von einer originalen Hartmann Lokomotive. Ein ganz besonderes Ereignis, die männlichen Teilnehmer der Reise sind begeistert und stehen mehr auf der Bühne als es sie auf den Sitzen hält. Nach einer Stunde kommen wir in Oberwiesenthal an.

Donnerstag, Fahrt nach Chemnitz und Schloss Augustusburg

Heute erwartet uns Chemnitz. Wir starten unseren Stadtrundgang vor dem Alten Rathaus. Herr Eberhard Fiebig startet als erstes mit dem Brunnen „Manifold“, welcher aus vier bis zu 2,80 Meter hohen, kreiselförmigen Edelstahlskulpturen mit spiegelnden Oberflächen besteht. Diese abstrakten Formen erinnern sowohl an Maschinenteile als auch an menschliche Figuren und laden zur Interpretation ein. Manch einer fühlt sich auch an einen Stapel Alu-Felgen erinnert.

Altes und Neues Rathaus bilden das s.g. Doppelrathaus. Das Innere des Neuen Rathauses ist im Jugendstil gehalten. Besonders hervorzuheben ist der Stadtverordnetensaal, in dem sich das Wandgemälde „Arbeit – Wohlstand – Schönheit“ von Max Klinger aus dem Jahr 1918 befindet.

Weitere repräsentative Räume sind das Vestibül, der Ratssaal und der Grüne Salon, die ebenfalls im Jugendstil gestaltet sind und bis heute weitgehend im Originalzustand erhalten geblieben sind.

Die Stadt- und Marktkirche St. Jakobi prägt das historische Zentrum. Der Jacobi Kirchturm ist Bestandteil des Alten Rathauses. Gleich nebenan sind grüne, lebenswerte Hinterhöfe zu bestaunen.

Wenig später treffen wir auf die „Pinguinkolonie“ von Peter Kallfels, sie umfasst 14 Kaiserpinguine, zu sehen innerhalb der Umrisse der Antarktis und der Stadt Chemnitz. Unweit davon ist das bekannteste Wahrzeichen von Chemnitz zu erkennen: Der Karl-Marx-Kopf oder auch im Volksmund liebevoll „Nischel“ genannt. „Nischel“ ist ein mitteldeutscher Begriff für „Kopf“ oder „Schädel“ und spiegelt die regionale Verbundenheit der Bevölkerung mit dem Monument wider.

Als letzte Marke sehen wir noch den Roten Turm. Er ist das älteste erhaltene Bauwerk der Stadt und ein über 800 Jahre altes Relikt aus der Zeit, als Chemnitz zur aufstrebenden Handelsstadt im Heiligen Römischen Reich gehörte. Erbaut im 12./13. Jahrhundert, diente der Rote Turm ursprünglich als Wehrturm der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Der Name „Roter Turm“ rührt von der rötlichen Färbung des verwendeten Ziegel- und Sandsteins her, besonders im oberen Bereich. Der Rote Turm diente auch als Vorbild für die Form der bekannten „fit“-Spülmittelflasche. Im Jahr 1968 wurde die charakteristische, kantige 500-ml-Flasche eingeführt, deren Design sich an der markanten Architektur des Turms orientiert.

Die Mittagspause kommt nun wie gerufen. Wir begeben uns zu den Ratsstuben. Eine ausgezeichnete Wahl. Nun ruft auch schon das nächste Ziel. Wir fahren nach Erdmannsdorf. Von hieraus wollen wir mit der Drahtseilbahn hinauf nach Augustusburg gelangen. Das klappt auch gut, nur daß die Bergstation ungefähr auf der Hälfte des Weges nach oben liegt. Der Rest muss nun zu Fuß bewerkstelligt werden. Machen wir auch alle, die meisten sind aber schon etwas außer Puste am Ende. Herrliche Ausblicke belohnen aber die körperliche Anstrengung.

Die freundliche Begrüßung durch eine mittelalterlich gekleidete Führerin auf Schloss Augustusburg ist ein charakteristisches Merkmal, um ein lebendiges Erlebnis der Renaissancezeit zu vermitteln. Wir sehen charakteristische Zimmer, wie den Venussaal, berühmt für seine beeindruckenden Wandmalereien aus der Renaissance mit mythologischen Darstellungen oder auch das Affenzimmer, das zur „Aufbewahrung“ von Kindern diente. In anderen Räumen erlauben geöffneten Decken und Böden den Blick auf den ursprünglichen Aufbau der Burg zu erfahren.

Die Schlosskapelle ist ein eindrucksvolles Beispiel für protestantische Sakralarchitektur im Zeitalter der Reformation. Das Kirchenschiff ist emporgestreckt, mit einer hölzernen Kassettendecke und Emporen auf mehreren Seiten. Das Altarbild und die Kanzel sind von Lucas Cranach d. J., ersteres ist ein einzigartiges Kunstwerk der Reformationszeit.

Das Schloss umfasst etwa 150 Räume, verteilt auf mehrere Flügel. Dazu gibt es mehr als 20 Abortanlagen, was für die damalige Zeit außergewöhnlich viel war. Die Entsorgung erfolgt schwerkraftbasiert über Fallrohre in tiefergelegene Gruben oder Hohlräume im Fels.

Ein sicher herausragendes Detail ist das Brunnenhaus mit Ingenieurskunst im 16. Jahrhundert. Der Brunnen ist in den Fels gehauen mit einer Tiefe von 130 Metern. Pro Tag konnten im Durchschnitt 3cm Fels ausgemeißelt werden. Zum Wasserschöpfen fand das älteste erhaltene Treibgöpelwerk Verwendung.

Freitag, Fahrt nach Markneukirchen

Heute geht’s zurück. Doch wir machen noch einen kleinen Schlenker zu einer Institution, für die das Erzgebirge eben auch bekannt ist: Die Herstellung von Musikinstrumenten. Unweit von Klingenthal liegt die Musikstadt Markneukirchen, im sogenannten Musikwinkel.

Wir besuchen die Erlebniswerkstatt für Geige und schauen den Geigenbauer Meister Julian Richter über die Schulter. Wir schnuppern Werkstattluft, blicken Sie hinter die Kulissen des Musikinstrumentenbaus und sind dabei, wenn hochwertige Instrumente mit Weltruf entstehen. Anfassen und Ausprobieren ist natürlich ausdrücklich erwünscht. Herr Richter führt vor und erläutert jeden Schritt bei der Herstellung. Ausführlich geht er auf die verwendeten Holzarten ein. Es ist unglaublich, wieviel Arbeit und welch hohe Kunst in die Herstellung einer Geige einfließt.

So endet eine faszinierende Reise ins Erzgebirge. Eine unvergleichlich schöne Landschaft, sehr viele Sehenswürdigkeiten und sehr freundliche und hilfsbereite Menschen haben wir kennengelernt. Viele äußern anschließend, nicht das letzte Mal hier gewesen zu sein.

Text: Dr. Ralf Tempel und
Fotos: Dr. Michael Greeske, Cornelia Klein, Anke Koßlowski, Dr. Stefan Koßlowski und Dr. Ralf Tempel