Besuch der Probe mit dem Intendanten, Herrn Michael Steindl
DOR Duisburg, 11. März 2019
Am Samstag ist Premiere von „Romeo & Julia“ im Großen Saal des Stadttheaters. Mit diesem Stück werden die diesjährigen, 40sten Duisburger Akzente unter dem Titel „Utopien“ eröffnet. Dieses Stück ist eine Eigenproduktion des Hauses unter dem jungen Regisseur Kevin Barz unter Mitwirkung von vier gestandenen Schauspielern und 21 Darstellern vom Spielbetrieb – Jugendclub und erzählt die uralte Geschichte – und wie könnte es anders sein – ganz neu.
Kurz vor der Premiere sind wir heute bei einer Probe auf der großen Bühne anwesend. Herr Steindl lotst uns in den Saal hinein, gerade in einem Moment der Eröffnungsszene, bei der die Rivalität der beiden Familien droht offen auszubrechen. Diese Szene wird wiederholt, es gibt nun verschiedene Varianten und am Ende entscheidet man sich für eine Mélange von zwei Optionen. An dieser Stelle bekommen wir eine Ahnung, was es heißt, ein Stück einzustudieren. (Fast) nichts wird dem Zufall überlassen. Jeder Handgriff, jeder Schritt sitzt, jeder weiß, wie er in die Szene hineinkommt, wohin er läuft und wie er wieder hinauskommt. Und da wird etwa ein Stuhl nicht willkürlich herausgegriffen, sondern genau dieser wird dann an der bestimmten Stelle hingestellt. Und ganz nebenbei läuft mit der Bewegung dann noch synchron der Text mit und der Darsteller wendet sich nach links oder nach rechts zum Publikum, schließlich will dieses etwas verstehen, optisch unterstützt von der jeweiligen Erscheinung. Überhaupt haben wir den Eindruck, dass der Regisseur Kevin Barz die Geschichte in Bildern erzählt, wie stehen bzw. bewegen sich die einzelnen Schauspieler in der Szene, wie werden die Utensilien angeordnet, damit ein bestimmter Eindruck entsteht. Einfach faszinierend der Entstehung der finalen Fassung beizuwohnen. Nach einer guten Stunde verlassen wir die Probe, die noch bis weit in den Abend hineinreichen wird.
Herr Steindl führt uns in die Kantine, um uns hier noch Rede und Antwort zu stehen. Zuerst mehr ein Monolog zum Werden des Stücks, wer ist der Regisseur Kevin Barz, wer ist der Musiker Paul Brody, der Shakespiers englische Originalfassung zur Basis nimmt, um eine fast lautmalerische Komposition als Untermalung für diese Aufführung zu schaffen – eine hervorragende Ergänzung für die Bilder dieser Geschichte. Oder wie setzt sich der Spielbetrieb – Jugendclub zusammen, es sind ja keine Schauspieler…
Wie erfahren vom Werden des Stücks, wie kommen Intendant und Regisseur zusammen, wie formiert sich daraus die Spielidee, wie entsteht das Bühnenbild, wie die Beleuchtung und wie die Kostüme? Es ist ein Projekt mit zeitlich und finanziell begrenztem Budget, Überschreitungen oder Ausfälle werden weder auf Seiten der Gesellschafter (Stadt Duisburg) oder der Kunden (Publikum) geschätzt. Es werden noch vier anstrengende Tage bis zur Premiere, aber dann haben alle Beteiligten es geschafft durch die Mühen der Ebene in den Premierenkanal, von da an gibt es nur noch Applaus!
(Text und Fotos: Dr. Ralf Tempel)