Vortrag von Herrn Dr. sc. pol. Jochen Hippler, Duisburg

SOCIETÄT DUISBURG e.V., 8. März 2024.

Wieder informieren wir uns über einen aktuellen Konflikt, dieses Mal nicht über den direkt vor unserer Haustür, sondern über den im Nahen Osten. Und wir freuen uns unglaublich, Herrn Dr. Jochen Hippler dafür gewonnen zu haben.
Die Räumlichkeiten und auch die Terrasse sind wieder sehr schön hergerichtet, trotzdem zieht es niemanden nach draußen zum Verweilen, die Sonne scheint; aber es ist noch deutlich zu kalt. Also werden wir es uns „Drinnen“ einrichten.
Herr Hobohm hat wiederum – passend zur Region des heutigen Themas – Gerichte aus der arabischen Küche auf die Speisekarte gebracht, wir können förmlich die Vielfalt der verschiedenen Aromen in uns aufnehmen.
Nach dem Essen wird Herr Dr. Hippler – obwohl hier bereits bekannt – ordentlich vorgestellt. Er beginnt sehr verhalten, man merkt wie das Thema ihn bewegt und er stellt eine Bemerkung voran: Konflikte und Kriege sind keine Fußballspiele, bei denen es darum geht, „seine“ Mannschaft anzufeuern – im Krieg können alle die „Bösen“ sein.
Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern existiert schon sehr lange. Auch vor 2.500 Jahren erhoben zwei Gruppen Anspruch auf dieses doch sehr kleine und nicht sehr attraktive Gebiet; es gab und gibt da viele Steine und – sozusagen als Ausgleich dafür – nur wenig Wasser. Vertreibungen und ethnische Säuberungen standen auf der Tagesordnung, es gab aber auch immer wieder Teile der Bevölkerung, die blieben und Gruppen von anderen Siedlern, die sich mit den Verbliebenen gut durchmischten.
Spricht man also heute von Israelis und Palästinensern, so haben diese nicht sehr viel mit den ursprünglichen Bewohnern zu tun. Aber, Israel war ein Land, wohin man immer zurückkehren wollte. Noch vor 100 Jahren gab es keine „Araber“, man kam aus einer Stadt oder einem Dorf XYZ, ein gebietsübergreifendes Gemeinschaftsgefühl war nicht vorhanden. Die Juden waren über die ganze Welt verstreut, sie hatten auch kein Land, aber der Nationalismus, der Zionismus, entwickelte sich und damit das Streben nach einem unabhängigen jüdischen Staat. Und mit der Vernichtung der Juden durch die Deutschen kam es zum Wunsch der Auswanderung ins gelobte Land.
1948 wurde der Staat Israel etabliert; er ging aus einem Teil des britischen Mandatsgebiets Palästina hervor. Die arabischen Nachbarstaaten erkannten den Teilungsplan und den neuen Staat nicht an. Der Palästinakrieg begann und endete ein ¾ Jahr später mit dem Sieg Israels. Millionen von Palästinensern mussten ab dann in Flüchtlingslagern oder im Exil leben. In Jordanien machen sie bis heute etwa ein Viertel der Gesamtbevölkerung aus. Aber selbst palästinensische Autonomiegebiete schrumpfen immer weiter und sind auch noch verschieden administriert. Es ist ein Flickenteppich mit unterschiedlicher Verantwortung, aber selbst daran wird sich nicht immer gehalten, es ist noch viel fleckiger als man es sich je hätte vorstellen können.
Gerade im Gazastreifen geht es nicht einmal um Land: Es ist eher ein Freiluftgefängnis. Die Bewohner sind immer schon auf Importe angewiesen, es gibt kein Wasser, fast keine Industrie, keine Landwirtschaft. Aber am Schlimmsten ist die Hoffnungslosigkeit, es gibt einfach keine Hoffnung.
Nach dem Vortrag herrscht zunächst Schweigen. Wir versuchen, das Gehörte zu verstehen. Etliche Fragen und Stellungnahmen kommen dann doch.
Wir erleben gerade einen sehr denkwürdigen Abend.

(Text: Dr. Ralf Tempel und Fotos: Dr. Michael Greeske)