In den Räumen der SOCIETÄT DUISBURG e.V., 8. November 2019

Fast nicht zu glauben: Unsere Gesellschaft feiert ihren 245 Geburtstag!

Wir beginnen mit dem obligatorischen Sektempfang. Etwas ist anders, wir bleiben im Bereich des Kamins und der Bar und können nicht gleich durchgehen bis in den großen Saal, eine Sichtbarriere versperrt den Durchgang. Der aufkommenden freudigen Stimmung tut das keinen Abbruch. Der Klang von Streichinstrumenten ist zu vernehmen; es sind die Musiker, die sich einstimmen.

Dr. Ralf Tempel, der Vorsitzende, begrüßt die Mitglieder und Gäste sowohl zu einem ganz normalen Societät-Abend als auch zu einem ganz besonderen Fest. Ein normaler Abend: Wir kommen zusammen zum Essen (Heute Gänsebraten & eine riesige Auswahl an köstlichen Vorspeisen) und zu Gesprächen – aber auch ein besonderes Fest: Wir haben uns heute alle besonders fein gemacht und unsere Räumlichkeiten erstrahlen ebenfalls außerordentlich, dazu hat sich unser Caterer, Herr Klaus Hobohm, für den großen Saal etwas ganz Besonderes einfallen lassen.

Nun fällt die Sichtbarriere und wir schauen in einen wunderbar erleuchteten Saal. Das Pierrot Quartett (Johanne Klein – Violine, Luisa Höfs – Violine, Paula Heidecker – Viola und Hanna Kölbe – Violoncello) begrüßt uns auf seine Art mit Joseph Haydn, Streichquartett Op. 20 Nr. 1 Es-Dur von 1772, 1. Satz Allegro moderato. Wir sind fasziniert.

Der Vorsitzende ergreift erneut das Wort und stellt die Situation in Duisburg vor 245 Jahren dar, die Schäden des 7-jährigen Krieges und den Wiederaufbau, die industrielle Revolution, den beiden Weltkriegen einschließlich der Neuaufteilung Europas, der dazwischenliegenden Weltwirtschaftskrise vor 90 Jahren und abschließend zum Aufbau & Abriss einer deutschen Mauer vor 30 Jahren. Er bedankt sich bei den Ehrengästen für ihr Erscheinen und bei allen Mitgliedern, die bei der Vorbereitung und Durchführung geholfen und ganz besonders bei Herrn Klaus Hobohm für die Dekoration des Saales.

Das Pierrot Quartett geleitet uns weiter durch die Zeit, dieses Mal erklingt Robert Schumann mit dem Streichquartett Op. 41 Nr. 1 a-Moll von 1842, 1. Satz Andante espressivo – Allegro.

Nun erwartet uns das große Gala Menü – wir beginnen mit einer übergroßen Auswahl an Vorspeisen. Herr Hobohm überlässt uns hier der Qual der Wahl. Als Hauptgang gibt es Gans, wie immer um diese Jahreszeit. Natürlich gibt es dazu auch eine Alternative. Der Nachtisch besticht durch einen Schokobrunnen, der frisches Obst mit einem feinen Überzug aus Schokolade verziert. Wir lassen uns genüsslich Zeit mit dem Essen.

Bevor wir zum zweiten Teil des Abends kommen verwöhnt uns das Pierrot Quartett ein weiteres Mal, jetzt mit Peter Tschaikowski mit dem Streichquartett Nr. 1 D-Dur Op. 11 von 1871, 2. Satz Andante cantabile.

Wir erleben eine weitere Überraschung, die DFG Duisburg mit Frau Waltraut Schleser gratuliert zum Jubiläum und bringt die enge Freundschaft zwischen den beiden Gesellschaften zum Ausdruck.

Es folgt der Vortrag, heute gehalten vom Duisburger Mitglied des Bundestages, Herrn Mahmut Özdemir. Er spricht zum Thema „Sozialer Wandel in Zeiten von multikausaler Dynamik“. Der Titel klingt sperrig, ist aber hoch aktuell und bezieht die Societät Duisburg ein. Als diese gegründet wurde gab es die Kleinstaaterei, noch keine Parteien, keine öffentliche Meinungsbildung. Die Societät ist ein Debattierklub, lebt damit das Zusammenleben, den Zusammenhalt, die Meinungsbildung in der Gesellschaft.

Mit den Weltkriegen kommt es zu einem multikausalen Wandel im Sozialverhalten, in Kultur, Technologie und Demokratie. Zunehmend bricht sich der Wunsch bahn, dass die, die den Wohlstand mehren auch die Richtung bestimmen sollten, in die sie sich entwickeln sollte – sozialer Wandel statt Bevormundung.

Demokratie kann zum gesellschaftlichen Gestalten einladen, wenn sich die Mehrheit dann auf bestimmte Regeln festgelegt hat, dann haben sich auch alle daran zu halten. Minderheiten dürfen diese dann nicht dauernd torpedieren. Wir haben es eine Zeitlang versäumt, den Rechtsstaat durchzusetzen – egal ob es Verkehr, Atomenergie, Minderverdienende u.v.a.m. betrifft. Eine erfolgreiche Integration ist für Herrn Özdemir mit der Anerkennung des Grundgesetzes und das Erlernen der deutschen Sprache verknüpft.

In Europa hat in den letzten Jahrzehnten ein sozialer Wandel stattgefunden: Menschen und Geld reisen frei, die Werte allerdings nicht. Vielmehr werden immer mehr Interessen (=egoistisch) statt Prinzipien (=nachhaltig) vertreten, das macht einen gewaltigen Unterschied. Aber es gibt keine einfachen Wahrheiten, kein wenn „dies“ dann „das“, kein „0“ oder „1“, kein binäres Verhalten, die Welt funktioniert multikausal.

Das Schlusswort hat das Pierrot Quartett, wir sind mit unserer musikalischen Reise nunmehr in der jüngeren Vergangenheit angekommen mit den Beatles mit Yesterday von 1965.

Wir sitzen noch lange zusammen und lassen den Abend nochmals Revue passieren. Diese Veranstaltung wird in die Annalen der Societät eingehen, darüber sind sich alle Besucher einig.

 

(Text Dr. Ralf Tempel und Fotos: Dr. Michael Greeske & Klaus Hobohm)