5. bis 8. Oktober 2017

Diese Reise, organisiert von unserem Veranstaltungswart, Frau Katharina Tempel, wird die verschiedensten Interessen (sei es für die Bremer Innenstadt, die etwas zurückliegende Geschichte der Auswanderer, den High-Tech Standort, die Torflandschaft und das Künstlerdorf) bedienen und gleichzeitig das Verbindende der norddeutschen Lebensweise (vermittelt vor allem durch unseren Bremer Führer und der mehr oder weniger feinen Kochkunst rund um den Fisch) uns näher bringen.

Donnerstag, 5. Oktober 2017

Früh treffen wir uns vor der Societät. Wir steigen in unseren Bus und Rudi bringt uns – wie immer – schnell und sicher ans Ziel, inklusiver einer erstklassigen gastronomischen Versorgung.

Fünf Minuten vor der Zeit kommen wir in Bremen an unserem ersten Ziel an: Der „Alexander von Humboldt“, dem ehemaligen „Beck’s“-Werbesegler mit den grünen Segeln. Flott geht es an Bord, wo wir schon vom Geschäftsführer des neuen Eigners, Herrn Florian Peters, der uns auch gleich die Geschichte der „Alex“ erläutert, begrüßt werden. Dann geht’s aber im kühnen, kulinarischen Bogen – praktisch entlang der alten Routen – zum indischen Kontinent und wir genießen ein Seemanns-Curry, wie wir es noch nie erlebt haben: Grandios! Wir vertiefen uns dermaßen in diese „Reise“, dass wir überhaupt nicht merken, wie das Sturmtief „Xavier“ über uns hinweg fegt.

Lediglich überraschen uns die umgefallenen Bäume und abgebrochenen Äste bei der anschließenden Stadtrundfahrt, vorbei an Hafen, Neustadt, Weserstadion, Universität, Bürgerpark, durch die verschiedenen kontrastreichen Stadtteile sowie zur Bürgerweide.

Wir erreichen unser „Atlantic Grand“ Hotel, unmittelbar in der Altstadt gelegen. Wir checken ein, machen uns kurz frisch und schon versammeln wir uns wieder in der Lobby.

Hier treffen wir unseren Führer für die nächsten Tage, Herrn Heinz Ortmann. In Bremen kennt ihn jeder: Mit Witz und Charme bringt er uns die Hansestadt näher. Er kennt Bremen wie seine Westentasche und immer förmlich sprudeln Informationen zur Historie der Stadt mit heraus. Ein echtes Bremer Original. Und schon stehen wir auf dem Markt mit dem Weltkulturerbe Roland und Rathaus, dem Dom, den Bremer Stadtmusikanten und dem Bremer Loch, eine unterirdische Spendenbüchse, welche in das Pflaster eingelassen ist. Außerdem zu sehen das Parlament (Senat), dem Haus der Bürgerschaft und der Schütting, dem Gebäude der Bremer Kaufmannschaft, ehemals Gilde- und Kosthaus der Kaufleute und seit 1849 der Sitz der Handelskammer.

Wir gehen ins Parlament, erfahren, warum das relativ moderne Gebäude doch gut in das historische Marktensemble passt. Gleich dahinter betreten wir den St.-Petri-Dom, ein aus Sandstein und Backstein gestalteter romanischer Kirchenbau, der über den Fundamenten älterer Vorgängerbauten errichtet und später im Stil der Gotik umgebaut wurde. Anschließend statten wir dem ältesten Stadtteil noch einen kurzen Besuch ab: Schnoor, wo Bremens Geschichte beginnt, unter anderem mit den Häusern des Mittelalters, Schifferhaus, Geschichtenhaus, Hochzeitshaus und dem Gasthaus zum Kaiser Friedrich.

Ganz zum Schluss wartet Herr Ortmann noch mit einem Highlight auf. Wir betreten das Radisson Blu; von dort aus gelangen wir ins in den 30er Jahren erbaute Atlantis-Haus mit dem Himmelssaal mit seinem gewölbten Dach und den blauen und weißen Glasbausteinen, zu erreichen über das berühmte Treppenhaus mit seiner eleganten Wendeltreppe – ein Schlüsselwerk des Art Déco in Norddeutschland.

Nach den vielen Informationen sind wir stehend K.O. Uns zieht es die paar Meter bis zu unserem Hotel. Wir machen uns kurz frisch und dann ist es schon Zeit für das Abendessen im Hause.

 

Freitag, 6. Oktober 2017

Für unsere Technik-affinen Mitreisenden steht heute ein Höhepunkt an: Wir besuchen Airbus Defense & Space (früher Astrium Bremen). Bremen ist das industrielle Kompetenzzentrum für bemannte Raumfahrt, Trägerraketen und Weltraumrobotik in Europa. Hier werden wesentliche Beiträge Europas zur Internationalen Raumstation ISS geleistet. Neben der bemannten Raumfahrt ist zudem die Entwicklung von Raketenoberstufen ebenso ein Fokus wie die Entwicklung und der Bau der Ariane 5 Oberstufe. Ariane ist das weltweit erfolgreichste Trägersystem für den Transport kommerzieller Satelliten. Im Bereich Robotik ist der Bremer Standort auf das sanfte und sichere Landen von Raumfahrzeugen auf Planeten spezialisiert.

Von hier fahren wir nach Bremen-Vegesack. Gerade pünktlich kommen wir im Restaurant Hotel Strandlust an. Wir genießen den Ausblick auf die Weser und die maritime Meile bei einem hervorragenden Essen. Anschließend erkunden wir die „Maritime Meile“ mit ihrer vielfältigen Historie und ihren maritimen Sehenswürdigkeiten. Wir hören Werften- und Fischfanggeschichte, ganz zum Schluss erreichen wir auch das Segelschulschiff der Handelsmarine, die „Deutschland“.

Die Rückfahrt erfolgt in die Bremer Innenstadt. Hier betreten wir die Böttcherstraße, die alte Handwerkerstraße des Mittelalters und die Straße der Fassmacher mit Lichtbringer, Paula-Modersohn-Becker Museum, Handwerkerhof, Sieben Faulen Brunnen, dem Glockenspiel und den Bremer Stadtmusikanten.

Nun aber zum größten Schmuckstück am Marktplatz. Es ist Bremens „Gute Stube“, das Rathaus. Ausführlich erzählt uns hier Herr Ortmann vieles zum historischen Gebäude und gibt einen tiefen Einblick in die faszinierende Geschichte. Besonders imposant sind die Obere Rathaushalle und die prunkvolle Güldenkammer.

Zum Abendessen sind wir im Ratskeller, der einen imposanten Gewölbekeller im rustikalen Ambiente bietet. Essen (natürlich Fisch) und Weine sind wieder köstlich.

Ausklingen lassen wir den Abend wieder in unserer Lobby.

Samstag, 7. Oktober 2017

Heute fahren wir nach Bremerhaven, die erste Station ist das Auswandererhaus. Wir lassen uns über die Ursachen, die Umstände und die Folgen der Völkerwanderung unterrichten. Wir, die Deutschen, zogen aus, eine bessere Zukunft zu finden. Beim Betrachten der Wartehalle, der Kaie, der Überfahrt und der Ankunft in New York entstehen vor unseren Augen entsprechende Bilder. Beklemmungen beschleichen uns.

Anschließend fahren wir in den Fischereihafen, um im „Natusch“, eine der ersten Adressen für Feinschmecker, eine Stärkung zu erfahren. Wir sind überrascht und gleichzeitig begeistert, hier einkehren zu können.

Wir steigen wieder in den Bus und unternehmen noch eine Rundfahrt durch den Hafen: Wir sehen die große Landungsbrücke im Hafen, das Denmalk für die Auswanderer und schließlich auch die letzte Kneipe vor Amerika.

Zurück in Bremen verabschieden wir uns von Heinz Ortmann, der es sich auch heute nicht nehmen ließ, uns zu führen, an seinem 75. Geburtstag.

Beim Abendessen lassen wir den Tag langsam ausklingen.

Sonntag, 8. Oktober 2017

Am letzten Tag checken wir früh aus und fahren ins Künstlerdorf Worpswede. Es liegt malerisch an der Hamme nordöstlich von Bremen, mitten im Teufelsmoor gelegen. Die Sonne scheint, der Tau zieht sich über die Landschaft. Begrüßt werden wir von der Nichte unseres Mitglieds, Frau Ilse Neuber, Frau Petra Neuber, die hier seit zwei Jahrzehnten Gästen die Möglichkeit bietet, Worpswede auf ganz besondere und persönliche Weise kennenzulernen. Wir erhalten alle einen kleinen, flüssigen Aufwärmer.  Und schon booten wir uns auf zwei Torfkähnen ein. Carsten Platz darf von sich behaupten, ein Worpsweder Urgestein zu sein. Seine beiden Worpsweder Urgroßväter, Heinrich Vogeler und Fritz Schnaars, haben zu ihrer Zeit einen Anteil an der Ortsentwicklung gehabt. Der eine als Mitbegründer der Worpsweder Künstlerkolonie – der andere als „Baumeister“ verschiedener Privat- und Geschäftshäuser in Worpswede. Wir ziehen über die Hamme, genießen die Stille, sehen den Zugvögeln zu und lauschen den alten Geschichten aus dem Moor. Eine herrliche Stimmung ergreift uns.

An Land werden von unseren zwei Führerinnen bereits erwartet, wir erfahren Vieles über die Entstehung der Künstlerkolonie, gehen an einigen Kunstwerken vorbei, z.T. im Wald gelegen und kommen so auch zum Friedhof mit der Grabstätte der Paula Modersohn-Becker. Gleich dahinter steht die Zionskirche, wo sich „Paula“ – mit einer Strafarbeit – verewigen durfte. Über Paula hatten sich viele von uns bereits ½ Jahr vorher intensiv informiert, als wir im Duisburger Filmforum den gleichnamigen Film schauten.

Ein Besuch der Worpsweder Kunsthalle ist ein Muss, hier trifft Tradition die Moderne. Im Anschluss machen wir es uns im „Kaffee Worpswede“ bequem, hier erwartet uns im Kuppelsaal des roten Ziegelhauses ein wunderbares Menü. Wir nehmen uns genügend Zeit und genießen.

Zum Schluss streifen wir noch den Barkenhof, den Heinrich Vogeler aus einem alten Bauernhaus zu einem Gesamtkunstwerk umgestaltete, er schmückte es aus mit selbst entworfenen Möbeln, Tapeten, Wandleuchtern u.v.m. und aus dem umgebenden Gelände entstand eine wunderschöne Gartenanlage.

Aber jetzt geht‘s auf die Heimreise. Eine großartige Reise geht mit vielen, neuen Eindrücken zu Ende.

(Text: Dr. Ralf Tempel, Fotos: Dr. Michael Greeske & Dr. Ralf Tempel)