Vortrag von Herrn Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte

In den Räumen der SOCIETÄT DUISBURG e.V., 23. April 2015

Wir erleben einen herrlichen Tag: Draußen strahlt die Sonne am wolkenlosen Himmel, dieses Schauspiel können wir auf unserer Terrasse genießen. Drinnen wird alles für unser Spargelessen vorbereitet. Die Tische sind wieder mit sehr viel Liebe für das Detail gedeckt. Die Orchideen stechen nochmals daraus hervor. Das Büffet füllt sich langsam, genauso wie die Mitglieder und – heute auch – die zahlreichen Gäste eintreffen. Wir genießen es, beim Stehempfang mit einem Gläschen Sekt, uns über die Ereignisse seit der letzten Veranstaltung auszutauschen.

Dann beginnt der Abend. Der Vorsitzende, Herr Dr. Ralf Tempel, begrüßt die Mitglieder. Ganz besonders heißt er unsere Gäste willkommen, die heute in sehr starker Zahl erschienen sind: Das Thema Politik – und besonders der Name Prof. Korte – scheint doch besonders attraktiv zu sein.

Er geht auf das heutige Menü ein, welches streng auf Spargel ausgerichtet ist (na ja: es gibt auch noch Shrimps, Salm, Räucheraal, diverse Schinken und Fleisch und vieles andere mehr). Dafür schon mal vorab herzlichen Dank an die Familie Borgards & Team.

Anschließend berichtet er kurz über die Tätigkeit des Vorstandes im letzten Monat.

Unser Veranstaltungswart, Frau Katharina Tempel, wirbt für die kommenden Veranstaltungen, allesamt wieder sehr empfehlenswert.

Das Büffet ist inzwischen fertig angerichtet und wir genießen es ausgiebig. Für viele ist es wirklich der erste Spargel dieses Jahres.

Langsam legt auch der letzte das Besteck aus der Hand. Herr Dr. Tempel gibt – nach einer kurzen Vorstellung – das Mikrofon an Herrn Prof. Korte.

Minimalistisch, nur mit dem Mikrofon in der Hand, beginnt er seinen Vortrag. Seine Worte fließen wie in einem Guss, wohl strukturiert und akzentuiert aus ihm heraus. Repräsentative Demokratie – dieses Wortpaar gehört nicht unbedingt zu unserem täglich genutzten Wortschatz.

Fühlen wir Wähler uns richtig vertreten bei den heutigen Parteien? Wir registrieren eine gewisse Gesprächsstörung: Wir konstatieren eine Politikverdrossenheit (vornehmlich geäußert in der Wahlbeteiligung), es gibt aber auch eine Bevölkerungsverdrossenheit der Politiker. Sie befinden sich in einem prekären Beschäftigungsverhältnis: Sie sollen Probleme lösen, um wieder gewählt zu werden. Aber mit jeder Entscheidung teilt sich die Gefolgschaft, also vielleicht erst mal nicht entscheiden?! Spitzenpolitiker sind daran zu messen, wie unscharf sie formulieren können. Beim Wahlvolk kommt dabei schon mal Zweifel an den Beschlüssen der Parteien auf; es bildet sich eine Gegenbewegung, der Straßenprotest ist geboren. Das führt natürlich zur stärkeren Marktorientierung der Politiker, dieser neue Wählermarkt wird aber zunehmend unkalkulierbar für die Parteien. Bei der letzten Bundestagswahl gab es 1/3 Briefwähler, die der Politiker nicht mehr erreicht, Spätwähler legen meist erst in letzter Minute fest, meistens nach „genauer“ Analyse der Parteiprogramme, 50% sind Wechselwähler, viele aber auch, weil sie nicht wissen, was sie bei der letzten Wahl gewählt haben.

Es geht um die flüchtigen Machtgrundlagen der Parteien: Schwindende Stamm- und anwachsende Wechselwählerschaft im Politikbetrieb. Aber auch die sich ständig erweiternde Parteienlandschaft, die immer weitere Diversifizierung, rüttelt an den Grundfesten der alten, etablierten Parteien. Die Mehrheitsbildung wird damit immer schwieriger, nicht nur für die Parteien, auch für die Wählerschaft, die sich jetzt nicht mehr so sicher sein kann, wie eine zukünftige Koalition „seinen“ Wählerwillen (so er denn bei den „Gewinnern“ ist) umsetzen wird. Wir finden somit einen gediegenen, bunten Parteien- / Koalitionsmarkt vor, bestes Beispiel ist Rot-Rot-Grün in Thüringen.

Daneben gibt es einen Medienmarkt, waren es früher überwiegend große Zeitungen, die mit detaillierten Hintergrundartikeln Meinungen produzierten konnten, haben wir heute im Internetzeitalter dezentrale Meinungsbildung auf der Tagesordnung, Stichwort Schwarmbildung der Gedanken, welches zur Schwarmintelligenz führen kann. Aber wie immer gibt es auch hier eine Kehrseite: Anonymität führt nicht unbedingt zu hoher Qualität – manchmal sollte eher von Schwarmdummheit gesprochen werden. Ein Aspekt tritt heute besonders hervor, Publikumsempörung ist nicht mit Medienempörung gleichzusetzen, das Stichwort sind z.B. Sarrazins Bücher, welche sehr große Verbreitung gefunden haben, obwohl die Medien sie übereinstimmend kritisieren.

Als viertes haben wir einen Orientierungsmarkt. Politik orientiert sich zunehmend am Tagesgeschäft. Beispiele gefällig? Unsere Kanzlerin (konservativ) verstaatlicht eine Bank, Grüne sind gegen Bahnhöfe (S21).

Aber wie könnte ein Ausweg für die Politik aussehen? Wer für sich und seine Ideen werben will, sollte immer den Nutzen für seine Klientel heraus stellen – nur Verweise auf Geleistetes wird nicht goutiert. Jedes neue Infrastrukturprojekt wird jede Menge Widerstand generieren. Es gilt Beteiligungsnutzen zu verdeutlichen, der Ergebnisnutzen ist nicht so entscheidend: Man kann Niederlagen akzeptieren, aber selten keine Beteiligung.

Orientiertheit: Erklärungskraft schafft Mehrheit. Man wählt Zukunftshoffnung!

Anschließend steht Professor Korte unseren vielen Fragen Rede und Antwort.
Es wird ein unvergesslicher Abend bleiben.

(Text Dr. Ralf Tempel, Fotos: Dietmar Niechcial)