Laborführung bei und Vortrag von Herrn Prof. Dr. Michael Farle
In den Räumen der Uni Duisburg-Essen und der SOCIETÄT DUISBURG e.V., 1. März 2016
Wir suchen heute zunächst die Labore des Experimentalphysikers Herrn Professor Michael Farle auf. Sein Spezialgebiet sind die Nano-Magnete mit Abmessungen von nur einigen hundert Atomlagen. Hier werden ihre chemischen, strukturellen und magnetischen Eigenschaften auf vielfältige Weise untersucht. Ziel ist es, die sich verändernden Eigenschaften in Abhängigkeit von deren Abmessungen und Morphologie (Ziel: Ersatz der Seltenen Erden durch leichtere Elemente, am besten: Kohlenstoff) herauszufinden.
Nach der freundlichen Begrüßung werden wir in zwei Gruppen aufgeteilt. Frau Dr. Marina Spasova führt uns zu einem Transmissionselektronenenmikroskop. Es ist ein bildgebener, großer Kasten, in dem ein sehr gutes Vakuum herrscht (Mikroskop, besser wäre Nanoskop), wobei hier nicht Licht, sondern Elektronen durch die Probe geschickt werden. Diese Proben werden hinsichtlich ihrer Struktur und Zusammensetzung untersucht. Als Beispiel zeigte sie uns eine Gold-Lösung, deren Goldpartikel eine Größe von ca. 20nm aufweisen. Diese Lösung kann zum Beispiel in der Krebstherapie Anwendung finden, einmal dadurch, dass gezielt die Struktur der Goldcluster so eingestellt wird, dass sich Krebszellen dort gut anlagern können und zum anderen dadurch, dass eine elektromagnetische Welle die Goldcluster durchdringt und die Leitungsbandelektronen des Goldes zu einer kollektiven Schwingung (Plasmonenresonanz) anregt. Dieses erzeugt Wärme in einer begrenzten Umgebung.
Eigentlich können hier nur 2-dimensionale Bilder hergestellt werden, aber indem man die Probe um zwei Achsen drehen kann, können mithilfe einer Software auch 3D Bilder der Strukturen erzeugt werden.
Gleichzeitig weist Frau Dr. Spasova darauf hin, dass die untersuchten Proben vorher entsprechend hergerichtet werden müssen, in der eigenen Foto-Lithografie werden diese zeitaufwändigen Arbeiten – vom Aufschleudern dünner Schichten bis hin zur ihrer Strukturierung – ausgeführt.
Im zweiten Teil der Führung nimmt uns Herr Dr. Florian Römer, ein begeisternder, junger Physiker, mit zu seinem großen Arbeitsraum. Hier zeigt er uns das Verhalten von Ferrofluiden in einer Glaskaverne, die mit Hilfe eines Magneten bizarre Gebilde bilden – ähnlich zu dem Verhalten von Eisenfeilspänen. Er erklärt, dass für ihn als Physiker die Untersuchung eines auftretenden Effektes, wie hier z.B. der temperaturabhängige Ferromagnetismus in Abhängigkeit von Materialzusammensetzung und Strukturgröße und nicht so sehr die Anwendung interessiert. Die Ingenieure sollen ja auch noch etwas zu tun haben. Aber dann verblüfft er uns doch mit Anwendungen, wie eben die Ferrofluide, die als Ultrahochvakuumabdichtungen für Drehverbindungen herhalten oder ein Supraleiter in Form einer Eisenbahn, die sogar kopfüber (der Schwerkraft trotzend) auf einem aus Einzelmagneten zusammengefügten Möbiusband reibungsfrei entlang schwebt, indem sie mit flüssigem Stickstoff abgekühlt wird.
Nach dem Gezeigten versäumt er es nicht, uns zur Mercator-Matinee im Kultur- und Stadthistorischem Museum am 5. Juni 2016, 11:15 Uhr zum Vortrag „Magie des Magnetismus – und was hat Mercator damit zu tun?“ einzuladen.
Nun gehen wir die fünf Minuten gemeinsam zur Societät. Das Abendessen wartet schon. Wir lassen noch mal das Gesehene und Gehörte in uns und in der regen Diskussion an den Tischen Revue passieren. Sehr viel Zeit bleibt allerdings nicht, Professor Farle wirbt mit seinem nun beginnenden Vortrag für sein Forschungsgebiet Magnetische Nanohybride. Diese Kleinst-Magnete werden heutzutage vielerorts eingesetzt: in der Medizin (Diagnostik und Therapie) genauso wie in der Datenspeicherung und in der Sensorik. Dazu müssen sie mal stark, mal schwach magnetisch sein. Wie man die winzigen Magnete mit ganz bestimmten Eigenschaften herstellt wird mit anschaulichen Mitteln dargestellt, beispielhafte Anwendungen (Auto, Computer-Festplatte) werden aufgezeigt, ebenso wie die ebenfalls beträchtlichen Aufwendungen um so eine Anwendung auch serienreif zu machen: Besonders anschaulich gelingt das bei der Festplatte: Die Herausforderung lautet: Einen Jumbojet mit nur 2cm Abstand über den Harz fliegen lassen!
Aber wie stellt man so kleine Magnete her? In der Vorstellung sehr einfach, in dem man einen Magneten immer wieder teilt, die magnetischen Eigenschaften bleiben erhalten. Das funktioniert dann aber doch nicht bis zu allerkleinsten Abmessungen, die atomaren Momente sind dann in alle Richtungen verteilt, nicht nur örtlich sonder auch zeitlich. Die Curie-Temperatur, unter der ein Material ferromagnetisch (ein Magnet) ist, sinkt immer weiter ab, bis sie nicht mehr für unsere Zwecke nutzbar ist. Diesen Effekt gezielt zu beeinflussen ist eine der Forschungsrichtungen. Ein zweiter Aspekt dreht sich um die ferromagnetischen Materialien selbst, es gibt da nicht so viele: Eisen, Kobalt, Nickel und Gadolinium. Diese Materialien sind sehr schwer, und diese finden wir dann in Motoren und Generatoren wieder, die damit auch sehr schwer werden. In den letzten Jahrzehnten wurden zunehmend Seltene Erden verwendet, um noch höhere magnetische Kräfte zu erzeugen. Der Nachteil: Sie kommen zumeist aus China und werden damit zum Politikum, bei gespannter geopolitischer Lage verändern sich die Preise drastisch. Aus beiden Gründen (Gewicht und Verfügbarkeit) versucht man deshalb, mittels Nanohybride zum Ziel zu kommen.
Nun wäre noch die Frage zu klären, ob denn alle Stoffe magnetisch sind. Ja, ist die Antwort, alle Stoffe sind magnetisch, es kommt halt nur auf die Stärke des Magnetfeldes an, eine Wirkung festzustellen. Schöne Beispiele werden gezeigt, z.B. die eines schwebenden Wassertropfens oder einer Erdbeere, es funktioniert! Auch wir selber würden – in einem zugegebermaßen sehr starken, statischen Magnetfeld – schweben können und dabei keinen Schaden nehmen.
Mit dieser schönen Vorstellung werden wir in die reale Welt entlassen. „Danke“, Herr Professor Farle und hoffentlich „Auf Wiedersehen“!
(Text: Dr. Ralf Tempel, Fotos: Dr. Michael Greeske & Dr. Ralf Tempel)