In den Räumen der SOCIETÄT DUISBURG e.V., 12. April 2018
Huch, von 0 auf 100 in ein paar Tagen; kaum hat uns der Winter den Rücken gekehrt, sehen wir uns fast dem Sommer gegenüber. Egal, statt des lodernden Kamins können wir heute das erste Mal unsere Terrasse betreten. Vorfreude auf das Sommerfest im Juni steigt auf.
Mitglieder und Gäste werden vom Vorsitzenden, Herrn Dr. Ralf Tempel, aufs herzlichste begrüßt, ganz besonders die neuen Mitglieder. Er zählt auf, was alles neu in und an der Societät ist; es kommt vieles zusammen.
Für den ersten Teil des Abends wartet Herr Hobohm mit den kulinarischen April-Variationen auf: Wieder Bestes vom Feld, aus Stall, Meer und Weinkeller. Einfach köstlich!
Im zweiten Teil erwartet uns ein ganz besonderer Vortrag: Herr Dr. Stephan Bock, Allgemeinmediziner in Duisburg-Marxloh, aber auch Ringarzt bei den Klitschko-Kämpfen, berichtet uns aus seinem interessanten und abwechslungsreichen Mediziner-Leben. Aber wie kommt ein Mediziner zum Boxkampf? Ganz einfach, wie die Jungfrau zum Kinde: Ein Freund nahm ihm mal zu einem Kampf mit und erlebte, wie viel Spannung während eines Boxevents in der Luft liegt und welche Erwartungen auf den Schultern der Ringärzte ruhen. Alle beteiligten Akteure, ob Boxer, Trainer, Boxställe mit ihren Promotern, Medien – insbesondere die übertragenden Fernsehsender – und nicht zuletzt die Zuschauer, haben ihre eigenen Erwartungen, die manchmal diametral aufeinander prallen. Und die Interessen sind merkantiler Art, es geht bei den großen Kämpfen um dutzende Millionen Dollar. Da kann der Druck auf die Akteure übermenschlich groß werden. Und oft steht auch der Ringarzt im Mittelpunkt, immer dann wenn es um einen möglichen Kampfabbruch geht.
Aber welche Aufgaben, Mittel und Möglichkeiten hat der Ringarzt?
Dr. Bock geht zunächst auf die Voraussetzungen ein, die man mitbringen sollte: Intensivmedizinische Erfahrung sowie chirurgische, neurologische und traumatologische Kenntnisse.
Die Aufgaben gehen weit über die beim eigentlichen Kampf hinaus: Eingangsuntersuchung
für die Lizenzierung der Profi-Boxer, jährliche Hauptuntersuchung, körperliche Untersuchungen am Vortag des Kampfes vor der Waage, medizinische Betreuung
während des Kampfes und Nachsorge nach dem Kampf.
Beim Kampf sollte der Ringarzt jederzeit auf der Höhe des Geschehens sein, wissen, in welcher Phase sich der Kampf befindet, wie ein Schlag mit welchem Winkel auf welche Körperregion ausgeführt wird. Die Gesundheit des Boxers sollte immer im Vordergrund stehen, der Ringarzt sollte stets unabhängig bleiben und Fingerspitzengefühl in kritischen Situationen beweisen, sich in die Boxer hineinversetzen können und versuchen, alle Emotionen auszuschalten.
Leider kommt es vor, dass dieses nicht immer gewährleistet ist, sei es aus einem gewissen Desinteresse oder zu großer Nähe zu Veranstaltern oder Medien. Hier zeigt Dr. Bock einige Beispiele, wie ein und derselbe Ringarzt bei ähnlicher Situation bei zwei Kämpfen zu unterschiedlichen Beurteilungen kommt.
Er erzählt sehr erfrischend kurze Geschichten rund um den Boxring, kleine Streitgespräche mit den Boxern und den Ringrichtern und den anderen Ringärzten. Es ist eine eigene Welt, die einige ganz Große kennt und viele Verlierer.
Seine Worte werden ausdruckstark durch Bilder und Videoeinspielungen illustriert, aufgenommen vor, während und nach dem Kampf. Wir bekommen eine Ahnung von seinem Engagement und vom Umfang seiner Arbeit, die er nunmehr seit 15 Jahren ausführt, in den letzten Jahren auch als leitender Ringarzt, alles neben der eigentlichen Arbeit in seiner Praxis. Aber wie er gesteht, hat er auch dabei Glück gehabt, die Boxkämpfe finden am Wochenende statt!
Wir erleben einen aufregend interessanten Abend und freuen uns schon auf die Fortsetzung mit ihm im nächsten Jahr zum Thema „Marxloh“.
(Text: Dr. Ralf Tempel, Fotos: Dr. Michael Greeske)