DruckenVortrag von Herrn Dr. Georg Cornelissen

In den Räumen der SOCIETÄT DUISBURG e.V., 1. September 2016

Wir haben schönstes Sommerwetter und einen besonders schönen Stau auf der A40 bei Neuenkamp – einige unserer Mitglieder und unser Caterer stecken mitten drin. Aber einen ordentlichen Begrüßungsschluck genehmigen wir uns schon einmal.

Dieses bedeutet, wir haben ein wenig Zeit, uns etwas tiefer auf das heutige Thema, Sprachgeschichte am Niederrhein, einzustimmen mit Fragen: Wo kommen wir eigentlich her? Wo sind unsere Wurzeln? Wie entstanden unsere Namen?

Von dem wir diese und viele andere Antworten erwarten, ist Herr Dr. Georg Cornelissen. Als Leiter der Abteilung Sprachforschung ist er beim „Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte“ im Landschaftsverband Rheinland in Bonn tätig, dieses bedingt eine starke Reisetätigkeit; zum einen, um an adäquate Schriftstücke in den weit verstreut liegenden Stadt- und Kirchenarchiven zu gelangen und zum anderen, um sich ein persönliches Bild von Land und Leute zu machen.

Doch zunächst steht unser Essen, bestehend aus lauter leckeren Rheinischen Köstlichkeiten, an. Es ist reichhaltig gedeckt und wir finden – neben vielen anderen – Rheinischen Sauerbraten mit Honigkuchen, Prümkes, Rübenkraut, Kartoffelklöße und Rotkohl, Duisburger dicke Bohnen mit Kottelet, kleine Reibekuchen mit Räucherlachs, kleine Frikadellen, gekochtes Rindfleisch mit Meerrettich, dicken Reis mit Pflaumen u.v.a.m. Die Familie Borgards hat wieder überragendes, ausdrücklich sei hier die geschmackvolle Dekoration mitgenannt, auf die Beine gestellt.

Doch nun zum heutigen Thema, unser Gast ist einer von bundesweit deutlich unter 100 Dialektologen mit der räumlichen Begrenzung auf das Gebiet des Niederrheins. Er kommt humorvoll, trocken und direkt daher, er spricht Niederrhein-Platt. Diese Sprache – so befindet er – gehört sprachhistorisch 10-mal eher zum Niederländischen als zum Deutschen. Aber wer soll das schon so genau auseinanderhalten, da wir im deutsch-niederländisch Dialektkontinuum, von Bozen bis Amsterdam, leben. Innerhalb dieses Kontinuums lassen sich sprachlich keine eindeutigen Grenzen ziehen, man versteht sich mit den Bewohnern der Nachbarorte noch ohne größere Probleme und es wird schwieriger, je weiter weg der Gesprächspartner herkommt.

Dr. Cornelissen hat seine Vortragsunterlagen für jeden von uns ausgedruckt. Nun können wir den heutigen Abend sogar schwarz auf weiß verfolgen und anschließend nach Hause tragen, vielen Dank dafür!

Aber jetzt zum ersten Beispiel, der Name Buschmann. Busch soweit ist klar: Wald. Mann deutet auf einen Bauern hin. Also der Besitzer des Gehöfts am Wald. Interessant ist hier, dass die Bäuerin anfänglich Buschfrau genannt wurde, ebenso der Sohn: Buschsohn. Später dann wandelt sich das zu Buschmanns Frau, respektive Buschmanns Sohn. Das konnte dann auch schon dazu führen, dass ein eingeheirateter Mann, dann nicht mehr z.B. Jensen, sondern ab der Hochzeit dann Buschmann hieß. So sollte man also nicht meinen, wenn man seinen Namen im 15. Jahrhundert erwähnt findet, dann unbedingt mit dieser Person auch verwandt zu sein. Gerade die Namen waren immer wieder einer Wandlung unterzogen. Also, Namensforschung bleibt schwierig!

Weitere Beispiele für die Verbindung örtlicher Gegebenheiten und dem Eigener „Mann“ sind: Brinkmann, Feldmann, Hülsmann, Bruckmann/Brockmann, Hengstmann, Kampmann, Brüggemann, Heymann, Steegmanns/Steegmann, Boschmann/Bosmann, Hofmann/Hoffmann, Stratmann, Hövelmann und Winkelmann.

Aber wie sprachen die Leute vor 200 oder 500 Jahren? So genau weiß man das nicht, wer kann sich schon aktuell mit jemanden aus der Zeit unterhalten. Aber es gab die Schriftsprache und da fallen von Ort zu Ort die Unterschiede schon auf. Beispiele gefällig? Aus den Dialektfragebögen von Georg Wenker (um 1885):

  • Walsum    Wat sette dor van Vögelkes bowe op dat Mürke?
  • Duisburg   Wat sette(n) doför Fögelkes bowen op dat Müerken ?
  • Baerl         Wat setten do von Vogelsches bowen op die Mürkes?
  • Huckingen Wat sette do van Vögelsches bowe ob dem Mürke.

Die Zuwanderung bedrängte dann die Dialekte  schon sehr, es gab die Hochsprache als Standard, die alle verstehen konnten und damit sank der Anteil der einheimischen Dialekte. Nur wenige versuchen die Dialekte hochzuhalten. Dr. Cornelissen weiß, dass bei vielen Menschen das Herz an der Sprache hängt. Über Sprache identifizieren wir uns mit dem Ort, dem Raum und Menschen, die uns verbunden sind.

Welch interessanter Abend!

(Text: Dr. Ralf Tempel, Fotos: Dietmar Niechcial)