mit Dr. Jan-Pieter Barbian, Direktor der Stadtbibliothek Duisburg
am 23. September 2011

Text und Bilder von Dr. Ralf Tempel

Herr Dr. Barbian hat die Einladung in die Societät mit Freude angenommen; erstens, um Werbung für die Stadtbibliothek zu machen und zweitens, es gibt eine Verbindung zwischen beiden Institutionen! Doch dazu gleich mehr beim Streifzug durch 110 Jahre Stadtbibliothek.

Zum bedeutendsten Schatz zählt sicherlich eine deutschsprachige Handschrift des „Sachsenspiegel“ aus dem Jahre 1385, also der ältesten Aufzeichnung des Gewohnheitsrechts.

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Der Anfang erfolgte bereits zu Kaisers Zeiten, Duisburg hatte 85.000 Einwohner und das gebildete, fortschrittliche Bürgertum befand, dass politische Bildung für mündige Bürger eminent wichtig sei – gemeint war hier durchaus eine pluralistische Bildung! Wichtig war der Gedanke, Angebote für eine sinnvolle Freizeitgestaltung zu schaffen (als Alternative zum ins Wirtshaus gehen). An anderer Stelle wird vermerkt, dass die Gemeinde auch für das geistige Wohl seiner Bevölkerung zu sorgen hat.
Und so kam es 1901 zur Gründung der Bibliothek am Burgplatz 12 – 3.000 Bücher und Zeitschriften gehörten zum Bestand, die von 554 Lesern genutzt wurden. Schon ein Jahr später musste man expandieren und zog um in die Oberstr. 4 in bescheidenem Ambiente, mittlerweile frequentierten 6.000 Leser die Bibliothek.

Die nächsten Jahre brachten weitere Expansion des Bestandes, aber auch qualitativ konnte sich die Bibliothek mit einer neuen Leitung weiter entwickeln: Erstmals gab es einen wissenschaftlichen Bibliothekar, Herrn Salentin, der über alle Zeiten hinweg (Wilhelminisches Kaiserreich, Weimarer Republik und Naziregime) hier wirken konnte: Allerdings mit unterschiedlicher Ausrichtung – je nach herrschendem System.

1927 erfolgte ein weiterer Umzug, endlich gab es einen großzügigen Lesesaal im Haus am Knüppelmarkt 7.
Es gab Kammerkonzerte, Buchausstellungen und einen Verein für Literatur und Kunst.

Mit dem Sieg der Nationalsozialisten wurde der Bestand entsprechend der jetzt herrschenden, offiziellen Meinung neu ausgerichtet. 1934 zog die Bibliothek in das ehemalige Gebäude der Societät auf der Königstrasse um, leider wurden der Bestand und das Gebäude durch Brand infolge eines Luftangriffes am 20.12.1942 sehr stark beschädigt.

Eine Wiedereröffnung erfolgte im Oktober 1945 in der Düsseldorfer Str. 193, die Bestände aus der Zeit des Nazireiches wurden wieder durch die aus der Weimarer Zeit ersetzt. Auch jetzt stieg die Zahl der Leser weiter stark an – ein neuerlicher Umzug tat Not.

Im April 1952 bezog die Stadtbibliothek ein neues Gebäude am Kantpark (heute: Cubus Kunsthalle). Zu der Zeit war Duisburg die deutsche Stadt mit dem höchsten Gewerbesteueraufkommen. Aber eine Expansion war hier wiederum nicht möglich, so wurde das Quartier erneut gewechselt.

Seit 1965 ist man im heutigen Domizil auf der Düsseldorfer Str. 5-7 zu Hause, ein ehemaliges Kaufhaus im Stile der 50er Jahre. Duisburg war immer noch Boom-Town, z.B. galt die Deutsche Oper am Rhein als das „Bayreuth des Westens“!

Bis in die 90er Jahre galt die Duisburger Bibliothek als deutschlandweites Vorbild, mit 39 Zweigstellen und mit der Internationaler Kinder- und Jugendbuch Ausstellung (IKIBU) in der Mercatorhalle.

Ab 1975 befand man sich jedoch im Sog der Haushaltsprobleme der Stadt; es kam zu zahlreichen Schließungen von Stadtteil- und Schulbibliotheken. Der heutige Etat ist mehr als bescheiden zu nennen, für eine Gestaltung reicht das bei weitem nicht. Also müssen Gelder von anderer Seite das Fortkommen der Bibliothek sichern. Eine Aktion, die sich mittlerweile zur Kampagne gemausert hat, ist die der Buchpaten: Privatpersonen kaufen neue Bücher und stellen sie der Bibliothek zur Verfügung.

Was bleibt, ist die Attraktivität. Es können Bücher, Zeitschriften, Tonträger u.a. gelesen, gehört, ausgeliehen werden: Kaffeetrinken geht natürlich auch. Dabei repräsentiert die Leserschaft genau die Bevölkerung, wie eine Studie herausgefunden hat.
Übernächstes Jahr steht wieder ein Umzug bevor. 2013 wird an die Steinsche Gasse gewechselt. Wir drücken die Daumen für wenigstens die nächsten 110 Jahre!

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