am 14. Oktober 2011

Text von Dr. Katharina Lepper

Am Freitag Nachmittag trafen sich wie so häufig vor dem Zoo die Mitglieder der Societät, ihre Freunde und Angehörige wohl insgesamt 50+, um an einer der erst seit kurzem angebotenen, offiziellen Stadtrundfahrten teilzunehmen, eingerichtet mit Hilfe von Duisburg Marketing, also zu einer aktuellen Selbstdarstellung unserer Stadt per Doppeldeckerbus.

Der Start um 17 Uhr verzögerte sich bei kühlem, jedoch klarem Wetter, mit noch leuchtender Sonne in den Herbstfarben. Eine Stimme vom Band begleitete uns:

Entsprechend der handtuchförmigen Nord-Süd-Ausdehnung der Stadt fuhren wir in Schlaufen zuerst die Mülheimer Straße Richtung Innenstadt. Die Stimme erzählte uns Geschichte, seit sie auch sichtbar zu Greifen aber auch zu hören ist. Letzteres: Duisburg, der Ort oberhalb des schwellenden, gedunsenen Wassers, in heutiger Sprache: hochwassersicher.

Ausgehend von der Königspfalz (Mitte 9.Jh.) und den (nachgewiesenen) Besuchen Kaiser Heinrich I. (ca. 876 – 936), nämlich in der historischen Bebauung des heutigen (hochwassersicheren) Burgplatzes, dem Abschneiden der Stadt Duisburg von der wichtigsten Verkehrsader des alten Europas durch die Verlagerung des Flussbettes des Rheins im 13. Jh. nach Westen wurde Geschichte im Schnellgalopp bis in das 19. Jh., dem Zeitalter der Industrialisierung geboten. Bestimmend für das ungeheure Wachstum der heute immer noch ca. 488 000 Einwohner zählenden, heute fünftgrößten Stadt in NRW (Rang 15 in Deutschland) wurden Kohle und Stahl. Mit dem bereits in den 60er Jahren einsetzenden Strukturwandel sind es heute Chemie, Anlagenbau, Genussmittel, Dienstleister, Handel, Verkehr, Logistik (dennoch steht bei Thyssen Bruckhausen die größte Kokereianlage der Welt, s.u.). Uns erwartete ein Weg durch Stadtteile und an Architekturen vorbei, die von der industriellen Blütephase nach 1900 und noch einmal kurz vom Wirtschaftswunder, dann aber von neuen Industrien und Umnutzungen geprägt waren. Es geht und ging um eine Stadt im Wandel.
Wir fahren an den denkmalgeschützten Bauten des Duisburger Hofes, des Theaters (mit über 1000 Plätzen), der heutigen Liebfrauenkirche (einem hervorragenden Bau der zweiten Hälfte der 50er Jahre und mit Hilfe der Stiftung Brennender Dornbusch in Umnutzung begriffen), der neuen Mercator-Halle (City-Palais) und am Dreigiebelhaus (dem einzigen heute erhaltenen spätgotischen, im 17. Jh. umgebauten) vorbei Richtung Urzelle Duisburg, dem Burgplatz mit dem Rathaus (1896-1902) heute, ungefähr auf den Mauern der alten Pfalz (Wohnzimmer von Heinrich I. und seiner Kunigunde). Dabei wurde ein Blick auf die Salvatorkirche, der Stadtkirche Duisburgs (dort Hängeepitaph für Gerhard Mercator, gest. 1594), 1960 restauriert der Gemeinde übergeben; Außenmauerrestaurierung erfolgte später. Dann ein Blick auf den Alten Markt unterhalb des Rathauses, einige der historischen Gebäude in der Rahmenkonstruktion auf dem Plan von Gerhard Mercator basierend nachgebaut.

Von dort über die Schwanentorbrücke (Hubbrücke) und Calaisplatz (Anlegestelle von Sir Norman Foster entworfen) zu den Ruhrorter Häfen, dem größten Binnenhafen Europas, wenn nicht sogar weltweit. Aber vorher führte die Route unter Verweis auf den Außenhafen und den alten Holzhafen (1891 Holzlager abgebrannt) vorbei an der riesigen Baustelle des neuen Landesarchivs, einem ehemaligen Speichergebäude an der Schifferstrasse, zur Marina mit ihrem aufgestauten Wasser und dem neu geschaffenen Ortsteil nach dem Rahmenplan von Sir Norman Foster auf dem Gelände der ehemaligen Speicher und Getreidemühlen (Duisburg war historisch die Kornkammer Deutschlands vom 19. Jh. bis in die 50er Jahre des 20. Jh.). Als Umnutzungsbeispiel und heute Museum: die Küppersmühle (Umbau: Herzog & de Meuron). Auf die Bedeutung der Köln-Mindener-Eisenbahn für Duisburg und Ruhrort wurde hingewiesen (Mitglieder der Familie Haniel hatten frühzeitig auf eine entsprechende Anbindung der Ruhroter Häfen hingewirkt).

Von dort ging es Richtung Norden in Distanz zum Landschaftspark Nord und am Ingenhammshof (Lernbauernhof seit 1992) als Kontrastprogramm zur Industrie, jedoch auf demselben Gelände gelegen, vorbei. 1953 waren dort noch 48 000 Arbeiter. 1963 erste Zechenstilllegungen. 1970 insgesamt noch 200 000 Arbeiter und weiterer Rückgang bis heute.

Die Route führte an der entgegengesetzten Seite am Thyssen-Werk aber auch neuen Werksgeländenutzungen vorbei an Ruhrort (Drehscheibe des europäischen Wassernetzes, Firmensitz Haniel), der Schifferbörse, dem Tausendfensterhaus, Marientor und dem dortigen Theater wieder zurück in die Innenstadt am Wilhelm Lehmbruck Museum (1963 vom Architekten dem Bauherrn, 1964 dem Publikum übergeben) vorbei an dem historisch bedeutsamen Bahnhofsempfangsgebäude Richtung Duisburger Süden.

Die weitläufigen Anlagen des Sportparks, Stadion, Regattabahn, Seenplatte besitzen als Zentrum für ganz Deutschland Bedeutung. Von dort ging es am alten Rangierbahnhof vorbei, der von dem Oberdeck des Busses sogar über die geschlossenen Außenmauer hinweg gut einsehbar war zur Siedlung Wedau (für die Eisenbahner entstanden) und bei einem spektakulären Sonnenuntergang zurück zur Societät.

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